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Passion und Ostern in Katalonien

Pfingsten in Katalonien und Deutschland

Weihnachten in Katalonien

Die Karwoche und Ostern in Katalonien

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Nächtlicher Totentanz in Verges - "Nemini parco" - "Ich verschon niemanden" (Bild: wiki commons) 

 

Wir haben seit 1996 wohl jedes Jahr Ostern in Katalonien verbracht.

Wir erinnern uns.

 

Die Karwoche und Ostern (Semana Santa) ist in Katalonien von volkstümlichen Traditionen geprägt. Sie erinnern an den Weg Jesu bis zur Kreuzigung und Auferstehung.

 

Am Palmsonntag gedenkt man des Einzuges Jesu in Jerusalem. Palmwedel werden vor der Kirche gesegnet und ins Haus gebracht.

 

Am Gründonnerstag haben wir einmal die Darstellung des Leidensweges Jesu mit der Prozession in Verges besucht. Vor allem bei dem Zug durch die mittelalterlichen Gassen in der Nacht glaubt man sich in die damaligen Geschehnisse einbezogen. Der Totentanz ist ein eindrucksvolles Element des Prozessionszuges.

 

Verschiedene Male unternahmen wir einen "Kulturspaziergang" durch die Umgegend von Sant Climent Sescebes. Er endete mit dem Besuch der "Passió" in einer Naturbühne außerhalb des Dorfes. Auch hier wird der Weg Jesu zum Tode und zur Auferstehung aufgerollt. Die Dorfbewohner spielen die Szenen mit viel Aufwand und nahezu professionell. Meist ist es sehr kalt - wie beim Spektakel in Verges - aber in Decken eingehüllt ist man von der Aufführung gebannt. Besonders eindruckvoll ist die sehr realistische Kreuzigung und dann die phänomenale Auferstehung - Jesus wird mit Feuerwerks-Illumination und -getöse in den Himmel katapultiert (mittels eines unsichbaren Krans).

 

Vor dem Besuch der "Passió": Osterfeier in der präromanischen Einsiedel-Kapelle Santa Fe dels Solers und Abendessen in einem Lokal in Sant Climent

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Sant Climent Sescebes - "Passió": Kreuzigung (Bild: www.inspai.cat)  - Unten: Auferstehung

Auch 2024 findet die "Passió" in Sant Climent de Sescebes wieder stattt
Auch 2024 findet die "Passió" in Sant Climent de Sescebes wieder stattt

Am Karfreitag werden in vielen Orten  Prozessionen veranstaltet. Wir haben einmal privat und ein andermal als "Kulturspaziergang" die "Procession de la Sanch" in Perpignan besucht - eine der wohl ältesten, längsten und eindrucksvollsten im katalanischen Sprachraum (Dokumentation unter "Kulturspaziergänge" 2017). Anschließend konnten wir noch die nächtliche Prozession in Roses miterleben. Diese Umzüge sind schon wegen der emotionalen Beteiligung der Mitwirkenden bewegend - hinzu kommt die unheimliche Atmosphäre, die auch die Zuschauer still werden lässt.

 

Karfreitagsprozession in Roses

Verschiedene Monas - Vom Hefekranz zum Konditorei-Kunstwerk

Die Osterfeiertage feiern Katalanen meist groß im Familien- und Freundeskreis. Oft geht man in Restaurants, die an diesen Tagen offen sind. Da sitzt man an langen Tischen. Bei gutem Wetter wird in der Natur an den vielen Grillplätzen gegrillt

 

Eins lassen sich die Katalanen nicht nehmen, das Schenken und den Verzehr des Osterkuchens, der "Mona". Am Ende der Fastenzeit durfte der Genuß eines süßen Kuchens nicht fehlen.

Großeltern oder Paten schenken den Kindern einen solchen Kuchen. Aus einem einfachen Hefegebäck in Ringform mit eingebackenen harten Eiern wurde im Laufe der Zeit ein aufwändiges Backwerk mit vielen süßen Zutaten, Schokoladenfiguren und anderem Schmuckwerk.

 

Feliç Pasqua! Frohe Ostern!

 

Das wünscht Lobo-w-j

Pfingsten – Fest der Erneuerung. Das Fest in Katalonien und Deutschland

Oben: Maibaumkraxler (Füssen, Niederbayern) - (Bild: W.J. Pilsak, Wikimedia Commons). Maibäume wurden ursprünglich an Pfingsten aufgestellt - Unten: Pfingstexkursion von Kulturspaziergängern ins Vall d´en Bas, Katalonien (2010).

 

Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen; es grünten und blühten

Feld und Wald; auf Hügeln und Höhen, in Büschen und Hecken,

Übten ein fröhliches Lied die neuermunterten Vögel;

Jede Wiese sprosste von Blumen in duftenden Gründen,

Festlich heiter glänzte der Himmel und farbig die Erde.

 

So beschreibt Goethe in „Reineke Fuchs“ das Fest. Pfingsten ist ein Frühlingsfest geworden, die Eisheiligen sind vorbei, die Natur präsentiert sich in voller Pracht und die Menschen genießen die Erneuerung. Auch in der Pandemiezeit freuen wir uns über „Lockerungen“ und atmen auf: wenn in unserem Landkreis die Inzidenzwerte unter 100 gesunken sind, können wir – wenn auch unter Auflagen - wieder „Außengastronomie“ genießen. Spaziergängen und Wanderungen in kleinem familiären Kreis steht nichts im Wege   Freilich so wie früher, wo man sich in Gruppen traf, Ausflüge unternahm, Picknicks machte und an Volksfesten teilnahm, ist es noch nicht. Manche meiner Leser werden auch eine Reise planen - vielleicht nach Katalonien. Die touristische Einreise ist wieder möglich (siehe Reisebestimmungen auf der "Startseite"). Aber wo auch immer, ein so richtig "freies" Pfingstfest, wird man in Europa wohl nirgends antreffen. Diesen Aufsatz habe ich schon vor Jahren geschrieben - für das Costa-Brava-Magazin ARENA -  und nur ein wenig bearbeitet - das wird man merken. Vielleicht kann die frühere Besinnung darauf, was das Fest ursprünglich bedeutet - und einige Gedanken dazu - helfen, es auch in dieser Zeit angemessen zu begehen. Und ehemalige "Kulturspaziergänger" mögen sich bei der Schilderung von katalanischen Sitten und Gebräuchen zu Pfingsten erinnern, was wir bei pfingstlichen Ausflügen erlebt haben.

 

2 x Pfingsten: El Greco (1541-1614 / Ausschnitt. Ausgießung des Hl. Geistes) und Dagmar Janzen (*1950)

 

Der Ursprung des Festes – Herabkunft des göttlichen Geistes

 

Wie bei vielen Festen ist der christliche Ursprung des Festes verblasst. Pfingsten wird 50 Tage nach Ostern gefeiert. Im spanischen und katalanischen heißt es: Pentecostés / Pentecosta, aus dem Griechischen: der fünzigste Tag. Manchmal nennt man das Fest dementsprechend hier auch Pasqua de Pentecosta oder Segona Pasqua, das zweite Ostern. Auch das deutsche Wort leitet sich davon ab, über das mittelhochdeutsche „Paintekuste“. Tatsächlich hängt Pfingsten mit Ostern, nicht nur kalendermäßig, sondern auch in seiner Bedeutung, zusammen.

 

An Ostern feiert die Christenheit die Auferweckung Jesu Christi aus dem Tode, seine todüberwindende Lebendigkeit. Die Jünger Christi erlebten bis zu seiner „Himmelfahrt“ eine Zeit der intensiven Nähe mit ihm. Dann verblasste diese Unmittelbarkeit und er war für sie zu Gott aufgestiegen und zum „Pantokrator“, zum kosmischen Christus, geworden. Diese „Leere“ in und unter den Gläubigen wird durch die Herabkunft des „Heiligen Geistes“, des Geistes Gottes und Christi, ausgefüllt.  Dies geschah erstmalig zu Pfingsten, wie in der Apostelgeschichte des Lukas (Kap.2) berichtet wird.

 

Wie es dort heißt, hatten sich die Anhänger Jesu am jüdischen Wallfahrtsfest der Gesetzesübergabe (an Mose auf dem Sinai), dem „Wochenfest“ (Schawuot), in einem Haus in Jerusalem versammelt. Sie fielen in Ekstase und fingen „geisterfüllt“ an, von Christus Zeugnis abzulegen, zu „predigen“. An erster Stelle Petrus. Herbeigeeilte Volksgenossen, die zu diesem Fest aus aller Welt gekommen waren, verstanden sie zu ihrer Verwunderung in ihren unterschiedlichen Sprachen.

 

Dies wird das „Pfingstwunder“ genannt und gilt als Datum der Entstehung der christlichen Kirche, die in alten Bildern unter dem Bild Mariens dargestellt wird. Die symbolischen Zeichen für das Geschehen – es sind alttestamentliche Zeichen der Gottesgegenwart, aber auch Zeichen der Erneuerung und Reinigung – sind „Windbrausen“ und „Feuerzungen“. (Erst später trat das Symbol der „Taube“- ein altes Symbol für Frieden und Leben hinzu). Pfingsten hat also etwas mit der Erneuerung des Lebens durch den schöpferischen Geist Gottes und Christi zu tun. Menschen, die von diesem Geist erfüllt sind, überwinden die Verständnisbarrieren, die Menschen trennen können. Das ist sehr aktuell und wir bedürften dringend dieses Geistes in aller Welt! Die alten romanischen Kirchen mit dem Pantokratorbild in der Absis, in deren dunklen Innenräumen zu Pfingsten die Kerzen aufflammten und der Pfingsthymnus „Veni creator spiritus“ (Komm, Schöpfer Heiliger Geist) erklang, erinnern an diese Sehnsucht.

 

Pfingstliche Sitten und Gebräuche

 

Draußen waren dann grünende „Pfingst- oder Maibäume“ aufgestellt. Man traf sich zu Tanz und Geselligkeit. Allerlei Bräuche schlossen sich an dieses Fest der Erneuerung an. Man wallfahrtete zu den Kapellen, wo die Figuren der Heiligen und der Muttergottes mit Blumen geschmückt waren. (Die Rose und die Päonie, die „Rose ohne Dornen“, ist die Blume Mariens).  Die Blumenfeste Katalonien im Mai haben hier einen ihrer Ursprünge (ein anderes sind die Blumenteppiche bei den späteren Fronleichnamsprozessionen).

 

Das berühmteste Blumenfest ist wohl "Temps de Flors" in der Altstadt von Girona, das alljährlich zur Pfingstzeit stattfindet. Wider Erwarten kann es diese Jahr "unter offenem Himmel" erneut stattfinden (bis 20.5.).

Temps de Flors in Girona (2013)

Vielerorts in Spanien wurden oder werden die geschmückten Heiligen-, Marien-, oder Christusfiguren in einer Prozession von Bruderschaften umhergetragen, manchmal auch von Reiterkavalkaden begleitet. Diese „Romerias“ waren oder sind mit Volksfesten, bei denen man gemeinsam isst und trinkt, verbunden. Heute überwiegt dieser weltliche Charakter den religiösen Ursprung. Weil das Vieh zu dieser Zeit auf die Weiden und Almen gebracht wurde, wurde auch das Vieh bekränzt und von Reitern auf Pferden (in Spanien oft auf Maultieren) begleitet. Der letzte geschmückte Ochse, war – in Deutschland und den Alpenländern - der „Pfingstochse“ und auf den Hirten, der am spätesten aus den Federn kam und diesen dann begleitete, wurde die Bezeichnung übertragen. Klar, dass er allerlei Spott ertragen musste. Mancher Ochse musste auch für das Pfingstmahl sein Leben lassen, was an alte Opferriten erinnert.

 

Romería/Aplec de la Rosa a Lurdes i al Castell de Tona - Ein volkstümliches Fest an Pfingsten zu Ehren der "Rose" (Maria) von Lourdes in Tona (Osona) - (Bild unten: Mes Osona) - Hier ein Wagen der Prozession mit Burschen und jungen Frauen in katalanischer Tracht. Diese Jahr findet der Aplec nur in eingeschränkter Weise statt. (Aplec katalanisch: Fest, Wallfahrt, Zusammentreiben des Viehs)

Unten: Rosentanz beim Aplec in Tona (Bild: Gencat)

Unten: Die Prozession zur Ermita (Einsiedelkapelle) de Lurdes 1962 (Bild: Gencat)

Unten: Pfingstlicher Reiterumzug und Pfingstochse (ältere Bilder - aus Bayern, Österreich?)

 

Spuren von solchen Pfingstbegehungen finden sich  auch im Umzug und den Tänzen der „Comparses“ in Sant Feliu de Pallerrolls (nahe Olot im Vall d´en Bas), die zu Pfingsten stattfinden. Auch dieses Jahr findet die "Festa Major" statt. (Trotz Corona und mehrer Erdbeben im April.)  Die Comparses, die Mitwirkenden, treten in Pferde-, Maultier(ähnlicher)-, Riesen-Gestalt auf (cavallets, mulassa, gegants), ziehen durch die Stadt und tanzen in verschiedenen festgelegten Tänzen auf dem Festplatz, wo das ganze mit einem rituellen Kampf und einer „matadegolla“ (Opfer-Tötung) endet. Der Ursprung ist eine pfingstliche Prozession (wie in Tona und anderswo), die den „Körper“ (gemeint ist das Sakrament) Christi zur Kapelle der Mutter Gottes zu den Rosen (oder des Rosenkranzes) begleitete. Volkstümlich wird das Geschehen aber als ein sagenhafter Kampf zwischen andersgläubigen "Turcs" und Christen vor den Toren Sant Felius gedeutet. Letzteres ist sicher wenig pfingstlich, muss aber vor dem Hintergrund der früheren Bedrohung durch türkische Freibeuter gesehen werden, die sich der volkstümlichen Erinnerung tief eingeprägt hat.

 

Auch Feuer- und Reinigungriten (mit Wasser) waren früher in Spanien und Deutschland üblich. Sie nahmen pfingstliche Symbole auf („Feuerzungen“/ Taufe).

 

Heute ist das zum großen Teil vergangen. Aber warum soll man nicht manches wieder aufleben lassen? Den „Pfingstochsen“, d.h. den Langschläfer der Familie, mit einer Auszeichnung überraschen, eine „Pfingstkerze“ zum Frühstück anzünden, einen Ausflug mit Picknick zu einer Kapelle in blühenden Bergwiesen machen, etwas für seine Erneuerung tun…

 

Pfingstlicher Umzug in Sant Feliu de Pallerols (La Vall d´en Bas / Katalonien) - Mulassa=Maultier-Drachenfigur / Gegants=Giganten / Cavallets=Reiterchen

 

Pfingsten ist das Fest der Reinigung

 

Jeder von uns hat schon erlebt, wie viel Erfrischung und Reinigung ein Regenguss bringen kann. Er bringt Klarheit, reinigt die Luft, klärt die Gedanken, befreit von Dreck und Staub der vergangenen Tage. Pfingsten kann diesen reinigenden Charakter haben. Ein Fest, das mir bewusst macht, meinen Körper und Geist zu reinigen und zu erneuern. Ich lasse die Schöpfungskräfte in mir wieder lebendig werden.

 

Ich bewege mich mehr in der frischen Luft, mein Blut wird angereichert mit Sauerstoff und reinigt meine Organe. Ich trinke mehr Mineralwasser, Tees und Säfte zur Unterstützung. Meinen Geist kann ich reinigen, indem ich zulasse, dass quälende Gedanken wie Wolken weiterziehen. Ich konzentriere mich auf das, was ich leisten muss und kann, ohne mich durch irrationale Ängste zu begrenzen. Ab und zu ist es einfach gut, Ballast abzuwerfen, Situationen, Lasten und Sorgen neu zu bewerten, um wieder kreativ Kraft zu schöpfen.

 

 

Die Pfingstrose

 

Gerade zu Pfingsten erblüht sie. Die Arten der Päonia-Gattung galten besonders im Mittelmeerraum als magische Pflanzen. Benannt sind sie nach dem griechischen Heiler Päon.

 

In der griechischen Mythologie wurde Virbios, nachdem er durch das Pferd seines Vaters zu Tode gekommen war, durch die Heilkraft einer Päonie wieder zum Leben erweckt.

 

Alten Schriften nach soll die (in der Nacht ausgegrabene) Wurzel der Pfingstrose, am Hals getragen, nächtliche Geister und Gespenster vertreiben und ruhigen Schlaf bringen. Hier ist wohl auch die Reinigung und Säuberung von irrationalen Gedanken gemeint.

 

Im frühen Mittelalter kultivierten Benediktinermönche die auch als Benediktinerrose, Bubenrose, Freisamrose, Gichtrose, Königsblume bezeichnete Blume.

 

Der Pfingstrose wird ein blutstillender Effekt zugeschrieben, sie hilft gegen Gicht, Asthma, Krämpfe, Hämorrhoiden. Mit der Wurzel wurde Epilepsie behandelt. Auszüge sind auch gut bei Frauen-, Blasen und Nierenleiden. Die Pfingstrose enthält Giftstoffe, deshalb ist die Anwendung nur bei großer Kenntnis verantwortbar. Vergiftungssymptome sind Erbrechen, Durchfall, Magen-, Darmbeschwerden, sozusagen die Negativerscheinungen ihrer Heilwirkungen.

 

Die Pfingstrose erfreut uns durch ihre üppige Blüten- und Farbenpracht und erinnert daran, dass wir uns Pfingsten körperlich und geistig erneuern.

 

Das Pfingstfeuer

 

Das Feuer ist ein Zeichen der Reinigung und Erleuchtung. Deshalb zündete man an Pfingsten Pfingstfeuer oder als Esatz dafür Kerzen an. Ein Symbol des Heiligen Geistes, aber auch des Verbrennens von Altem, um Erneuerung zu gewährleisten. Ein bisschen „Heiliger Geist“, „Erleuchtung“, Erkenntnis braucht man aber dazu schon, sonst passiert nichts!

 

Eine andere alte Sitte war, sich mit Wasser zu besprengen oder in frisches Wasser von Quellen und Bächen einzutauchen. Das galt als segenbringend Auch dies ein Zeichen der Reinigung und Erneuerung.

 

Pfingsten war auch ein Hirten- und Bauernfest. Vieh wurde herausgeputzt, mit Blumen, Schleifen, Bändern verziert und durch das Dorf getrieben. Es geht zurück auf die Darbringung eines Tieropfers, das dann gemeinsam verzehrt wurde, erinnert an den Opfertod Christi.

 

Das Tieropfer steht auch für Reinigung, Loslassen, Verändern – ohne „Opfer“ ist das nicht möglich.

 

Wenn wir uns diese Seite von Pfingsten bewusst machen, trägt das Fest zur Erneuerung des Körpers und der Seele bei. Und es bringt Freude auf das Fest! Ich bin mir meiner eigenen Sorgfalt und Verantwortung für die Erneuerung bewusst und freue mich, dafür – auch mit anderen zusammen - etwas zu tun!

 

Frohe Pfingsten/ Bona Segona Pasqua!

 

Dagmar und Wolfram Janzen

 

So feiern Katalanen Weihnachten - Krippen, der Tió und gutes Essen

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Jesu Geburt in einer romanischen Darstellung - Vorderfrontbild am Altar in Sant Andreu de Sagàs
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Weihnachtsmarkt in einer katalanischen Stadt - mit dem Tió im Mittelpunkt - vor Covid-19

Auch in Katalonien ist Weihnachten 2020 mit Einschränkungen verbunden. Die  fallen den geselligen Katalanen eher noch schwerer als uns "Nordländern". Aber Katalanen sind traditionsbewußt. So werden sie auch dieses Jahr an herkömmlichen Sitten und Gebräuche festhalten, so gut es eben geht.

Die Weihnachtszeit beginnt mit Santa Llúcia

Die Weihnachtszeit beginnt in Katalonien nicht mit den Adventssonntagen, sondern mit Santa Llúcia am 13.12. An diesem Tag wurden die "Firas de Santa Llúcia" eröffnet - die "Messen" zu Ehren der "lichtvollen" frühchristlichen Märtyrerin und jungfräulichen "Braut Christi" Lucia. Ihre Geschichte hat sie u.a. zur Patronin der einen Bräutigam suchenden jungen Frauen gemacht. Der wohl älteste und bekannteste Markt dieser Art wird in Barcelona abgehalten. Heutzutage findet er schon ab Ende November statt. Man geht auf diesen Markt, möglichst mit seinem/seiner Partner/in, um sich die Utensilien für eine katalanische Weihnacht zu besorgen und vorweihnachtliche Freude zu genießen. Und wer Katalonien kennt, der weiß, dass dazu die Krippe gehört. Eine Krippe mit katalanischem Kolorit aber!  Santa Llúcia ist der Tag, an dem traditionellerweise katalanische Familien die Krippe aufbauen und damit die Weihnachtszeit eröffnen. Auch in Kirchen, Plätzen und Ausstellungsräumen werden Krippen aufgestellt.

Selbst in diesem Jahr ließen sich die Barcelonesen die traditionsreiche Fira und das von ihr ausgehende "Licht der Hoffnung" nicht nehmen. Der Markt  findet in eingeschränkter Weise und unter Auflagen bis zum 23. 12. statt.

 

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Santa Llúcia-Markt auf der Plaça Nova vor der Kathedrale in Barcelona (frühere Aufnahme)

Was hier abläuft, beschreibt eine „Romanze“ des barcelonesischen Dichters J.M. de Sagarra (1894-1961) - und das ist durchaus aktuell:

 

Perque avui es Santa Llúcia / dia de l`any glorios / pels vols de la Placa Nova/ rondava amb la meva amor…

Weil heute Santa Lucia ist / ein glorreicher Tag des Jahres / hab´ ich mit meinem Schatz die Weite der Placa Nova umrundet / Wie alle gehen wir zu zweit dahin / früh gehen wir dahin, Freundin / dass  ein wenig der Berg unserer Traurigkeit aufgeheitert werde / Wir werden in Büscheln Moos kaufen / und einen Zweig des Erdbeerbaums / eine weiße Mühle/ und ein Schaf und einen Hirten.

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Krippenfiguren auf dem Santa Llúcia-Markt in Barcelona

Weihnachtskrippen - ein Abbild des früheren katalanischen Lebens

Weihnachtskrippen mit der Darstellung der Geburt Jesu kennen wir auch von Deutschland. Aber hier beschränken sich die Krippenfiguren meist auf die zentralen Figuren, die wir mit der Weihnachtsgeschichte verbinden: Das Jesuskind in der Krippe, im Stall, umgeben von Maria und Joseph, Ochs und Esel, den Hirten, dem Engel der Verkündigung, den Heiligen Drei Königen…

 

Blicken wir auf eine katalanische Krippe - „Pessebre“ oder "Belén" genannt (beides spanische Wörter, "Pessebre" von lateinisch: praesaepe, "Belén aus: Bethlehem, auch als Mädchenvorname gebräuchlich), so entfaltet sich ein ganzes Panorama von Szenen und Figuren.

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Klassische Krippe im Museu Frederic Marès, Barcelona - im Hintergrund ein Abbild des doppelgabeligen Gipfels des Pedraforca in den Pyrenäen

Natürlich sehen wir irgendwo den Stall oder eine Höhle mit dem Kinde, wir finden auch Maria und Joseph, Ochs, Esel (hier meist ein Maultier) und über der Geburtsstätte einen Verkündigungsengel. In Landschaften mit Moos, Steinen und Holz gestaltet, sehen wir dann die Hirten, die auf dem Felde bei ihren Tieren tätig sind. Und es ist gleich eine Vielzahl von Hirten mit verschiedenster Beschäftigung: die einen lauschen den Engeln, ein anderer hört nichts, weil er kocht, andere streiten … Aus der Ferne ziehen die drei „magischen Könige“ herbei, dem Stern nach, in orientalischem Gepränge, auf Kamelen, mit Dienern, einer meist schwarz, manchmal auf einem Elefanten. In großen Krippen erstreckt sich die Szenerie vom Dorf Bethlehem bis auf das hochragende Jerusalem, die katalanischen Dörfern oder Städten nachgebildet sind. Und überall entfaltet sich das Volksleben, die verschiedensten traditionellen Berufe sind zu sehen, Bauern, Handwerker, Töpfer, Köhler, Schreiner, ein Fischer an einem See, Frauen am Brunnen mit Krügen … Dazwischen schreitet ein Priester im schwarzen Habit … Menschen versammeln sich auf einem Markt. Viele Tiere beleben die Szenen: kleine Vögel, Enten, Hühner, Ziegen, Wolf …

 

Meist sind die Kostümierung, die Geräte, die Tätigkeiten, aus dem katalanischen Leben vergangener Zeiten gegriffen. In großen Krippen wird nicht nur die Geburtsszene dargestellt, sondern auch Vorhergehendes und Nachfolgendes. Wir sehen in Jerusalem, wie der Engel Gabriel Maria die Geburt ihres Kindes verkündigt, wir finden den König Herodes, der die drei Könige befragt, an anderer Stelle wird uns die Flucht des Heiligen Familie nach Ägypten gezeigt, der Mord an den Kindern in Bethlehem durch Herodes dargestellt, auch Joseph mit dem Jesusknaben in seiner Werkstatt ist zu finden.  Und dann gibt es Figuren, die für uns ganz befremdlich in diesem Geschehen sind: In einer Höhle sitzt ein Teufel und hinter einem Busch der „Caganer“ mit heruntergezogener Hose, der sein „Geschäft“ erledigt. Das heilige Geschehen wird hier sehr realistisch in das traditionelle katalanische Alltagsleben eingebettet.

 

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Krippe aus Icomar

Weihnachten in Katalonien - anders als in Deutschland

In den katalanischen Krippen spiegelt sich eine andere Auffassung von Weihnachten, als wir sie kennen. Weihnachten ist nicht wie bei uns – herkömmlicherweise - ein „besinnliches“ Fest, auf das man sich in der Adventszeit vorbereitet und das man still im engen privaten Kreise feiert, mit dem Höhepunkt am „Heiligen Abend“, an dem auch die „Bescherung“ stattfindet. Die Krippen stehen an Stelle der Adventskränze und Weihnachtsbäume bei uns. An den Krippen vergegenwärtigt und verfolgt man das Weihnachtsgeschehen. So rücken die Kinder die "Reis Mags" immer näher an den Geburtsort Jesu bis zum Dreikönigstag, an dem sie dann Geschenke, nicht vom „Christkind“ oder „Weihnachtsmann“, sondern von den Heiligen Drei Königen erhalten. (Natürlich haben inzwischen im Zeitalter der Amerikanisierung und Vereinheitlichung auch Santa Claus oder Papa Noel hierzulande Einzug gehalten und gibt es in manchen Familien Geschenke schon zur „Nit de Nadal“, am „Heiligen Abend“).

 

Das ausgedehnte und populäre Brauchtum um die drei "magischen Könige" mit ihrem karnevalesken Umzug ("Cavalcada"/"Cabalgata") ist wieder ein eigenes Kapitel. In diesem Jahr wurde die  große, viel besuchte Cavalcada in Barcelona und sicher auch anderswo abgesagt. Trotzdem können die Kinder ihre Karten mit Wünschen bei einem virtuellen "magischen Spektakel" auf der Pergola des "Forums" in Barcelona abgeben. Die Könige versichern, dass sie in der Nacht des 5. Januar wie jedes Jahr die Häuser mit den Geschenken besuchen werden.

 

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Der schwarze König Balthasar mit seinen Pagen in einem katalanischen Drei-Königs-Umzug

Der eher protestantische und deutsche Weihnachtsbaum hat keine große Tradition in Katalonien, es gibt ihn aber und er findet zunehmend Verbreitung. Wir sind vor Jahren, als es noch keine Weihnachtsbäume bei Aldi und Lidl gab, nach Espinelves (Osona) gefahren. Das ist ein von Bergen umgebener kleiner Ort, um den eine einheimische Tannenart wächst. Sonst gibt es ja nur selten Tannen in Katalonien. In Espinelves findet Anfang Dezember die "Fira del avet" statt, eine große Weihnachtsmesse, auf der vor allem Tannenbäume verkauft werden. Viele Katalanen fahren nach Espinelves, um über den Weihnachtsmarkt in den malerischen Gassen des Ortes zu schlendern und einen Tannenbaum zu kaufen. Wir sind nach der Ankunft gleich wieder wegen des Massenadrangs geflohen und haben den Baum etwas weiter weg beim Arboretum Masjoan gekauft (nach dem Hof ist die einheimische Tanne benannt: Abies masjoanensis). In unserem damaligen Zuhause in Santa Margarida haben wir das Bäumchen nach deutscher Manier geschmückt und uns in heimatlicher Erinnerung daran erfreut.

Es ist sicher für viele, die den Besuch geplant hatten, enttäuschend gewesen, dass der Markt in diesem Jahr abgesagt werden musste.

deutsch_geschmückter_weihnachtsbaum_in_Katalonien

In Katalonien ist Weihnachten ein fröhliches und geselliges Fest, in dem Scherz und Ausgelassenheit durchaus ihren Platz haben. So zogen früher die Jugendlichen in der Nit de Nadal umher, sangen Weihnachtslieder mit manchmal zweideutigem und burleskem Charakter, forderten Gaben für das Weihnachtsmahl, tanzten und trieben Scherze. Oft traf sich das ganze Dorf in der Nacht, brachte Holzscheite, die zu einem Feuer entzündet wurden; ein auf heidnische Zeiten zurückgehender Brauch, der die Wiederkehr der Sonne und des Lichtes feierte. Auch heute noch gibt es in der Weihnachts- und Neujahrszeit Anklänge an Karneval, so der 28. Dezember, der unserem 1. April entspricht oder der „Home de los Nassos“, eine Art „Karnevalskönig“, mit großer Nase (ursprünglich den 365 Nasen/Tagen des Jahres entsprechend), der in manchen Ortschaften an Silvester kommt und Süßigkeiten an Kinder verteilt. Bei all den Gebräuchen schimmern die römischen „Saturnalien“, ein ausgelassenes Fest am 17. Dezember, durch. Die bäuerlich-dörflichen Sitten haben sich aber heute nur noch in Resten erhalten.

 

In der bürgerlichen Gesellschaft ist das gesellige und heitere Groß-Familienessen geblieben. Am Heiligen Abend isst man genügsam: Suppe, Tapas aus Käse, Wurst, Sardellen, Meeresfrüchte, Quittenpaste und natürlich "Pa amb tomàquet" (geröstetes Weissbrot mit geriebenen Knoblauchzehen, Tomaten und darüber geträufeltem Olivenöl).

Um Mitternacht besucht man die "Misa del Gall" ( "Messe des Hahns" oder "der Hirten") in der Kirche und zieht an der Krippe vorbei. Nach der Messe geht man aber noch lange nicht zu Bette.

Die  traditionelle Speise am ersten Weihnachtstag ist die bäuerliche "Escudella", eine Fleisch-/Gemüsesuppe, eventuell mit Muschelpasta ("Galets"), die in großer Menge hergestellt werden kann.  Meist nimmt man heute ein mehrgängiges Menü zu sich, nach der Escudella folgt in der Suppenbrühe gegartes Fleisch ("Carn d´olla") mit Gemüse, als Hauptgericht gefülltes Huhn ("Pollastre farcit"), als Nachtisch gibt es Waffelröllchen ("Neules"), Nugat/Mandelkonfekt ("Torrons") und Trockenfrüchte. Nie darf der "Cava" fehlen. Am Stephanustag (Sant Esteve), dem zweiten Weihnachtstag, isst man oft Reste, z.B. mit Hackfleisch gefüllte "Canelones".

 

Einer der das Fest kennzeichnenden Sprüche ist:

Per Nadal, cada ovella al seu corral! Per Nadal, qui res no estrena res no val! An Weihnachten ist jedes Schaf in seinem Stall. Und wer nichts hergibt, ist nichts wert!

 

Leider ist das Zusammentreffen der Familie in diesem Jahr nur in sehr eingeschränktem Maße möglich, was die meisten Katalanen schmerzlich treffen wird. Auch die Misa del Gall am Heiligen Abend, die zur Zeit des ersten Hahnenschreis den eigentlichen Anbruch des Weihnachtsfestes kennzeichnet, muss diesmal wegen der Ausgangsbeschränkungen vorgezogen werden. Ebenso können die geselligen und fröhlichen Treffen im Freien danach nicht stattfinden.

Bilder: Escudella - Zutaten / fertiges Gericht

Sonderbare Gestalten - der Caganer und der Tió

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Kinder schlagen den Tió - alte Zeichnung

Aus der bäuerlichen Welt geblieben sind auch der "Caganer" und der Tió.

Die katalanische Sitte des „Tió“ in der "Nit de Nadal" (Heiliger Abend) hat scherzhafte Züge. Dies ist ein Ast oder Baumstrunk, heute mit Gesicht, „Barretina“ (roter Mütze) und Füßen, oft mit Mantel bedeckt Am hinteren Ende ist er hohl. Ab dem 8. Dezember wird er mit Süßigkeiten – vor allem Torró - gefüllt. Bis Weihnachten sollte er verhüllt sein. Die Kinder schlagen in der Nit de Nadal auf ihn ein, bis er die Leckereien von sich gibt. (Manchmal befinden sich unter dem Mantel auch Geschenke.) Dabei singen sie - so oder ähnlich:

 

Caga, tió,

sino et daré cop de bastó,

caga torrons

i pixa vi blanc.

Sch…e, Ast, sonst setzt es Schläge, sch… Mandelkonfekt und pis...e weißen Wein (oder Sekt).

 

Ursprünglich sollte der Ast Wärme und Licht bringen. Dass er etwas von sich gibt, zeigt, dass er – wie der Caganer – auch ein Fruchtbarkeitssymbol war, adaptiert zu Weihnachten, das ja die Geburt Christi feiert, der Licht und neues Leben mit sich bringt. Der christliche Firnis ist aber nur dünn; „Eschatologie“ (Lehre vom Ende der Welt) wird von „Skatologie“ (Lehre von den Ausscheidungen) unterwandert. Auch der Caganer hat diesen ironischen Charakter: er düngt die Erde, woraus Neues wächst. Außerdem zeigt er, dass die menschlichen Bedürfnisse, die „Notdurft“, durchaus neben dem Heiligen und Feierlichen bestehen können. Schließlich müssen auch Heilige und Könige mal …, genauso wie Hirten und Bauern. Da steckt eine Absage gegen allzu große (Weihnachts-)Feierlichkeit drin.

 

Womöglich ist die Tätigkeit des Caganers auch eine Folge des üppigen Essens, das am ersten Weihnachtstag üblich ist. Nicht umsonst heißt es:

 

Menja be, caga fort i no tinguis por a la mort

Iss gut, sch… kräftig und kümmere dich nicht um den Tod.

 

Warum ist es Sitte, an Weihnachten so zu schlemmen und ausgelassen zu sein? Das hat sich aus den Zeiten erhalten, als man noch im Advent fastete.

Woher kommen die Krippen?

Traditionell - es gibt aber auch moderne – sind sie im barocken Stil angefertigt; in dieser Zeit kamen sie auf und erhielten ihren volkstümlichen Charakter, man denke z. B. an die sich an das Volk wendenden und oft drastischen Predigten von Abraham a Santa Clara. Krippen dienten der Volksmissionierung und die war volkstümlich und anschaulich. Schließlich konnten damals bei weitem nicht alle Menschen lesen und so wurden andere Wege der Vermittlung gesucht  Die Krippen erzählen ohne Buchstaben und Worte die in der Weihnachtsgeschichte enthaltenen Botschaften.

Volksnahe, realistische mit vielen Figuren und Szenen ausgeschmückte Krippen - auch da fand sich schon das kleine "Scheißerchen" (als ka...der Hirte) - wurden in Italien und besonders in Neapel hergestellt. Von dort brachte sie König Carlos III. (1715-58), der auch König von Neapel und Sizilien war, nach Spanien und Katalonien.

Übrigens hat dieser König auch die spanische Weihnachtslotterie eingeführt – um den Staatssäckel zu füllen. Am 10. 12. 1763 fand in Madrid die erste Ziehung der spanischen Nationallotterie statt. Der Ausspielung des heutigen "Sorteo Extraordinario de Navidad" am 22.12. mit "El Gordo", dem Hauptgewinn, fiebert ganz Spanien entgegen.

 

Der "Erfinder" des Krippenspiels - ein Heiliger

 

Aber die Erfindung der Krippen liegt noch weiter zurück. Als Initiator gilt der Heilige Franziskus von Assisi (1181-1230).

 

Nach Thomas von Celano (gest. 1260), dem Verfasser der ersten Lebensbeschreibung des Franziskus, ließ der „Poverello“ (der kleine Arme, wie Franziskus auch genannt wurde) in dem Dorf Grecchio 1223 eine „Weihnachtsfeier“ im Wald, in einer Höhle, vorbereiten. Er soll gesagt haben:

 

„Ich möchte nämlich das Gedächtnis an jenes Kind begehen, das in Bethlehem geboren wurde und ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in eine Krippe gelegt, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar als möglich mit leiblichen Augen schauen.“

 

Das war also der erste „Pessebre Vivent“, die lebende Krippendarstellung, vorerst nur mit Krippe, Heu, Ochs und Esel – das Christuskind wurde visionär geschaut - Maria und Joseph und andere Gestalten fehlten, denn:

 

„Mütter sind wir, wenn wir Christus … in unserem Herzen und Leibe tragen; wir gebären ihn durch ein heiliges Wirken …“

und ebenso sind wir Väter, Hirten, Könige und Engel, wenn wir ihre Hingabe und Aufgabe übernehmen.

 

So erinnert uns Franziskus daran, dass sich das biblische Weihnachtsgeschehen in keiner abgehobenen "Idylle" abspielt. Krippendarstellungen und Krippenspiele neigen dazu, dies zu verkennen und auch dem Betrachter oder Zuschauer ein idyllisches Bild der Weihnachtsgeschichte und ihrer Botschaft zu vermitteln.

 

Bilder aus einem Pessebre Vivent im Schlosspark von Perelada

Die Pessebres vivents, die heute in vielen Ortschaften Kataloniens, mit unterschiedlicher Qualität und Ausführung, aber immer mit viel Hingabe von den Beteiligten gefeiert werden, sind freilich jüngeren Datums – die erste wurde 1962 in Corbera de Llobregat eingerichtet.

 

Man orientiert sich an den Haus- und Kirchenkrippen, wobei heute ein historisierender Zug zu bemerken ist – man will das Leben in Palästina zur Zeit Jesu möglichst echt darstellen, wobei die alten katalanischen Dörfer und die sie umgebende Natur eine sehr passende Kulisse bilden.

 

Auch die „Pastorets“, die Hirtenspiele, sind ein Produkt des (frühen) 20. Jahrhunderts. Allerdings haben auch sie sehr alte Vorgänger: spätmittelalterliche liturgische Spiele in den Kirchen zur Weihnachtszeit, in denen die Verkündigung an die Hirten – Menschen, in denen sich das Volk wieder erkannte - und ihr Weg zur Krippe  geschildert wurde. Auch Engel, die die Hirten zur Krippe leiten wollen und Teufel, die sie daran hindern möchten, und ihr Kampf untereinander, spielten eine Rolle Dabei konnten durchaus burleske und derbe Szenen vorkommen, die schließlich zum Verbot dieser Spiele führten  Die heutigen volkstümlichen  – sehr unterschiedlichen - Theaterstücke nehmen diese Tradition und die Hirtenszenen der Krippen auf und setzen sie in Handlungen um, meist mit Musik und alten oder neuen Liedern.

 

Das Ganze ist oft mit Anspielungen an das heutige, oft örtliche Leben und viel Klamauk, aber auch mit großer Spielfreude und vielen Einfällen, verbunden. Volkstheater, das man zum großen Teil verstehen wird, auch wenn man nicht Katalanisch kann.

 

Gestalten und Szenen der Krippendarstellungen - nicht nur aus dem Neuen Testament

 

Noch eine Frage: woher kommen die verschiedenen Gestalten und Szenen der Krippendarstellungen? Die kirchlich anerkannten neutestamentlichen Schriften der Bibel bilden die Grundlage: Matthäus spricht von der „Jungfrauengeburt“, erzählt von den „Weisen aus dem Morgenland“ ( nicht aber von ihrer Zahl oder gar ihren Namen), der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten und ihrer Rückkehr, auch vom Kindermord des Herodes. Über die Umstände der Geburt Jesu lässt er sich nicht aus. Dies trägt Lukas nach: er bringt eine lange Vorgeschichte mit der „Verkündigung“ der Geburt Jesu durch den Engel Gabriel an Maria. Dann erzählt er die bekannte „Weihnachtsgeschichte“ mit der Geburt Jesu in einer Krippe bei oder in einer „Herberge“, den Hirten, dem „Verkündigungsengel“ und den lobsingenden Engeln mit der Friedensverheißung sowie dem Gang der Hirten zur Krippe und ihre Rückkehr. Aber wo bleiben Ochs und Esel, wo bleiben genauere Umstände? War der Geburtsort ein Stall oder eine Höhle?

 

Wo die Überlieferung lückenhaft oder ungenau ist, blüht die Phantasie. Die Lücken füllen „apokryphe“, spätere, nicht von der Kirche offiziell anerkannte Evangelien aus. Ochs und Esel stammen aus dem „Pseudo-Matthäusevangelium“, das sich auf alttestamentliche Stellen bezieht und auch von einer Höhle als Geburtsstätte spricht (der Stall wird aus dem Lukas-Evangelium geschlossen). Dass es drei Weise waren, folgerte man aus ihren Geschenken: Gold, Weihrauch, Myrrhe. Das „Armenische Kindheitsevangelium“ gibt ihnen Namen: Kaspar, Melchior und Balthasar. Dann machte man sie zu Königen. Weiterhin heften sich allerlei symbolische Bedeutungen an die Tiere und Gestalten.

 

Ein weiteres Beispiel. In den neapolitanischen und katalanischen Krippen findet sich der „Carboner“, der Köhler, der Holzkohle zur Krippe bringt. Außerdem gibt es in Katalonien die Sitte, den weniger braven Kindern ein Stück schwarze „Zucker-Kohle“ zu verabreichen, die der Tio ausscheidet.  Der Köhler ist an sich eine typische Erscheinung des vergangenen Kataloniens.  Aber seine verborgene Herkunft in den Krippen liegt in einem koptischen apokryphen Kindheitsevangelium. Da erscheint ein verrußter Köhler auf einem Esel in Nazareth und bringt einen Haufen Kohle, damit „unser Herr“ – der jetzt bereits Knabe ist - sich erwärmen könne. Die Brüder Jesu helfen auf Geheiß Josephs beim Abladen und Maria speist den Köhler mit Brot und Wasser. Da ergreift der Jesusknabe ein Stück Kohle und gibt es dem Köhler mit dem Wort: „Iss!“ Der Köhler isst – gedankenverloren oder gläubig – und siehe da, das schwarze Stück Kohle verwandelt sich in seinem Mund in Zucker.

 

Möge Ihnen, liebe Leser in der Ferne oder in Katalonien. das katalanische oder heimische Weihnachten "gut bekommen"! Bon Nadal! Und vielleicht kann der weihnachtliche Engels-Gruß an die Hirten "Fürchtet Euch nicht! ... " auch für uns wegweisend sein.

 

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Priscilla-Katakombe in Rom: Älteste Darstellung von Maria mit Kind, Prophet Bileam und dem Stern von Betlehem, Ende 2. Jh. (Quelle: wikipedia commons - KAI40)

Anhang: Pau Casals sieht die Weihnachtsgeschichte

Pau Casals, der katalanische Cellist, Dirigent und Komponist, beschreibt die "Weihnachtsgeschichte", die er in dem Oratorium "El Pessebere" - in dunklen Zeiten in seinem südfranzösischen Exil - musikalisch gestaltet hat, folgendermaßen:

 

Wie schön und zart ist diese Erzählung mit ihrer Ehrfurcht vor dem Leben, ihrer Ehrfurcht vor dem Menschen, der Krone der Schöpfung! Man denke nur an die Symbolik, die darin waltet: das Symbol Mutter und Kind, das Geburt und Zeugung versinnbildlicht, das Symbol der Hirten, einfache Leute, die hart arbeiten müssen und die das Neugeborene verehren, weil es eine freudevolle Welt verheißt, das Symbol des Friedensfürsten, der nicht in einem Palast, sondern in einem Stall zu Welt kommt. Wie einfach das alles ist, und doch voll tiefer Bedeutung!

Und welche Verbundenheit mit der Natur! In dem katalanischen Weihnachtslied "Der Gesang der Vögel" [El Cant dels Ocells) bringen sogar die Adler und die Sperlinge, die Nachtigallen und die kleinen Zaunkönige dem Kind einen Willkommensgruß dar ...

(Pablo Casals, Licht und Schatten auf einem langen Weg. Erinnerungen, Frankfurt/M. 1994, S. 20)

 

Casals (1876-1973) beendete alle seine Konzerte im Exil (seit 1939) mit diesem Lied, das für ihn ein Lied der "Sorge und des Heimwehs der Katalanen" und des "Friedens und der Hoffnung" war.

 

        Gestalten um die Krippe: Schaf / Hirte (Zeichnungen: Dagmar J.)

Zweimal "Heilige Drei Könige" - Oben: Ausschnitt aus Kartenkrippe. Unten: Drei Helfer (vor Altargruppe und Chorbild) bei der Verteilung von Gaben an Bedürftige in der Kirche Sant Anna in Barcelona. (Bildquelle: Apothekenzeitschrift "My Life" 24/2020 - Ausschnitt. Fotoautor: Jordi Cohen)