Der Gral, das Kloster Sant Pere de Rodes und die Burg Sant Salvador de Verdera

Eine historische Erzählung

Blick auf Sant Pere de Rodes
Blick auf Sant Pere de Rodes

Für Cornelius

 

Gründonnerstag, Anno Domini 1195 – Kloster Sant Pere de Rodes

 

Im Kloster herrschte große Aufregung. Nicht deswegen, weil man wie jedes Jahr eine große Zahl an Pilgern erwartete, die die wichtigsten Tage des Gedenkens des Leidens und der Auferstehung Christi im heiligen Bezirk des Klosters mit seinen hoch verehrten Reliquien begehen wollten. Das war man gewohnt. Diesmal erwartete man besonderen Besuch. Der König hatte sein Kommen angekündigt und mit ihm andere Vornehme.

 

Geschäftig eilten Klosterknechte auf dem Vorhof der Klausurgebäude umher. Prior Gausfred – aus der Familie der Grafen von Empuries - noch nicht Abt, aber als solcher designiert – stand wie ein Fels in der Brandung und gab Anweisungen. Neben ihm der Cellerar, Bruder Giullem, der Verwalter. Ihm war die eigentliche Organisation aufgetragen; wo es notwendig war, griff er ein. Es galt die Unterkünfte der vornehmen Gäste im westlichen Teil der Gebäude vorzubereiten, der König sollte im Abtshaus im Nordosten wohnen. Es war Fastenzeit, man trug aber Sorge dafür, dass auserlesene Fische aus dem Meer und Gemüse aus den Klostergärten aufgetragen würden. In der Küche herrschte Betriebsamkeit. Auch die Kirche musste hergerichtet werden, die heiligen Geräte wurden geputzt, große Kerzen wurden hineingetragen. Der Prior blickte zum Wehrturm hinauf, der sich neben dem Glockenturm erhob. Dort oben standen Wächter mit großen Hörnern, die die Ankunft des Königs und seines Gefolges melden würden. Wie man erzählte, sollten die Hörner den elfenbeinernen Signalhörnern Karls des Großen und seines Paladins Roland nachgebildet worden sein. Ja es ging das Gerücht im Volke um, diese Urhörner selbst befänden sich im Klosterschatz.

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König Alfons II. von Aragonien und seine Gattin Sancha von Kastilien (Liber Feudorum)
König Alfons II. von Aragonien und seine Gattin Sancha von Kastilien (Liber Feudorum)

Castello d´Empuries

 

Der König verließ die Stadt durch das westliche Tor in Begleitung des Grafen Pons Hug, der als zweiter seines Geschlechtes diesen Namen trug. Mit ihm waren Dalmau de Rocaberti, Vizegraf von Peralada und andere Noble der Region und des Hofes.

 

Die Nacht hatte der König im Grafenpalast in gastfreundlicher Atmosphäre verbracht. Der Graf unterstützte die Politik des Königs im Gegensatz zu seinen Vorgängern. Beide stammten aus uraltem westgotischen Adel, ihr gemeinsamer Urahn war Bello, Graf von Carcassonne, in der Zeit Karls des Großen. Wie der König nahm Graf Pons als einziger der katalanischen Großen seine Herrschaft „dei gratias“, von Gottes Gnaden, wahr. Der Sage nach hatte Karl der Große selbst den Grafen von Empuries dieses Recht und die Herrschaft über das Emporda verliehen, dank der tapferen Verteidigung der Burg Verdera gegen die Mauren.

Bildkarte im Fremdenverkehrsbüro Castello d´Empuries
Bildkarte im Fremdenverkehrsbüro Castello d´Empuries

Vor dem Tor der Grafensstadt erstreckte sich der große See „stagnum Castiglioni“. Große Nachen erwarteten den König und sein Gefolge. Es waren Vasallen des Klosters Sant Pere, die die Nachen ruderten, denn die Grafen von Empuries hatten den See mit allen seinen Rechten dem Kloster geschenkt.

 

Nur von seinem Lieblingsknappen, einem Jüngling aus vornehmen Hause begleitet, bestieg der König einen der Kähne. Gegen den Protest des Grafen hatte der Herrscher sich das ausbedungen. Er wollte als Pilger ins Kloster kommen und so hatte er seine königlichen Insignien und die Rüstung abgelegt und ein schwarzes Pilgergewand angelegt. Nicht umsonst nannte man ihn Alfonso el Casto oder katalanisch-okzitanisch Anffons el chaste, Alfons der „Keusche“. Die drückte eine Haltung aus, die Büßer und Mönche gelobten. Sie entsagten der weltlichen Liebe und bemühten sich um die himmlische. Vom Papst hatte er sich krönen lassen, den strengen Orden war er zugetan. Er hatte die Zisterzienser ins Land geholt und unterstützte die im apostolischen Geist lebenden Augustinerkanoniker von Vilabertran.

 

Nun war er auf dem Wege zu einem der ehrwürdigsten Klöster Kataloniens. Dort verehrte man das Haupt und den Arm des Apostelfürsten Petrus, der denselben Tod wie sein Meister erlitten hatte: die Kreuzigung. Ja, es hieß, man bewahre dort ein Stück des „wahren“ Kreuzes Jesu auf und Blutstropfen, die das das „wahre“ Bild Christi, das seinem Gesicht abgenommen worden war, vergossen haben sollte. Mönche hatten diese hochheiligen Schätze – wie man erzählte - vor langen Zeiten im Auftrag des Papstes aus Rom hierher gebracht, um sie vor feindlicher Bedrohung zu retten.

 

Was konnte es Angemessenres geben, als an den „drei heiligen Tagen“, an denen man der Passion und Auferstehung Christi gedachte, zu ihnen zu pilgern, Buße zu tun und das ewige Heil vom Richter und Erlöser der Welt zu erflehen. Hatte er, Alfons, sich nicht bemüht, seine Herrschaft im Zeichen des Kreuzes auszuüben? 

Sein Zeichen war ein Kreuz in einem Quadrat mit vier Angeln, das er von seinem Großvater Alfonso, el Batallador, dem berühmten Kämpferkönig Aragoniens, übernommen hatte. Dieser hatte den Mauren Saragossa entrissen. Nach ihm hatte seine Mutter Peronella - Tochter und Erbin des ersten Alfons - nach dem Tode ihres Mannes, des vierten Grafen Ramon Berenguer von Barcelona - seinen ersten, den Vaternamen, abgeändert.

 

Und hatte er nicht – wie sein Großvater – im Namen des Kreuzes den Heiden große Teile südlich seines Landes abgenommen und seinem Reich zugefügt, so die Städte Teruel und Caspe?

 

Schweigend ruderten die Mönchknechte den König und die anderen über das Wasser. Felseninseln erhoben sich aus dem See. In der Ferne sah man Boote mit Fischern, die ihre Netze emporzogen. Am gegenüberliegenden Ufer ragten die Berge des Verdera-Rückens steil empor, dicht und grün bewaldet - wie der Name kundtat - wo nicht unzugängliche Felsen emporstrebten. Ganz oben erblickte der König - nur dem kundigen Auge sichtbar - die Burg Verdera mit der dem Erlöser geweihten Kirche Sant Salvador. Dahinter lag das Kloster, zu dem er unterwegs war.

Der König war ins Sinnen geraten. Sein Leben zog an ihm vorüber. Mit 16 Jahren – im Alter der Schwertverleihung – war er aus der Vormundschaft seiner Mutter und des Königs von England und Herzogs der Normandie Heinrich Plantagenet entlassen worden; die aragonesischen und katalanischen Adligen und Prälaten hatten ihn zum Herrscher gekürt. Er war der erste Graf von Barcelona, der den Königstitel von Aragon trug...

 

Ein Jahr später hatte er sich mit Sancha, der Schwester des Königs von Kastilien, vermählt. Es war eine „politische“ Heirat gewesen, sie sollte die Verbindung zwischen Katalonien-Aragon und Kastilien stärken. Dennoch war Liebe zwischen den beiden Königskindern entstanden; Sancha hatte ihm im Laufe ihrer Ehe sieben Kinder geboren, er war ihr - gegen die Gepflogenheiten der Könige - treu gewesen.

 

Jetzt war er 38 oder älter – er wusste es nicht so genau. Es war für ihn nicht leicht gewesen, sich als Herrscher zu behaupten. Immer wieder hatten Adlige gegen ihn und seine Neuerungen revoltiert, zeitweilig hatte er mächtige Fürsten Europas gegen sich gehabt, den Grafen von Toulouse, den König von Frankreich, den Kaiser Barbarossa und schließlich auch seinen Schwager, den König von Kastilien. Aber Alfonso war es gelungen, sich durchzusetzen, mit kriegerischen Mitteln und mit diplomatischem Geschick Er hatte ein mächtiges Reich geschaffen: Sein Einflussbereich erstreckte sich von Nizza bis zum Atlantik, seine Kernlande reichten von Salses bis Tortosa und Leida. Er war nicht nur König von Aragon, Graf von Barcelona, sondern auch Markgraf der Provence; eine große Zahl der Herren von Okzitanien waren im lehnspflichtig.

 

Freilich: es war nicht ausgeblieben, dass er bei der Verfolgung seiner kriegerischen und politischen Ziele manche Schuld, manches Unrecht auf sich geladen hatte. Er dachte an die Vertragsbrüche und beiderseitigen Grausamkeiten bei den Kämpfen mit den maurischen Kleinkönigen. Bei allem christlichen Eroberungseifer hatte er insgeheim einiges an der arabischen Welt bewundert: die Tapferkeit, Ritterlichkeit und Kultiviertheit, die er oft bei seinen Gegnern oder Verhandlungspartnern vorfand, die schöne Dichtkunst, die Kunstfertigkeit der Handwerker, die bewundernswerte Architektur… und auch manches an der Religion der Muslime schätzte er. In der Umgebung des Königs gab es Leute, die argwöhnten, Alfons sei ein verborgener Islamfreund.

 

Er dachte an die hinterhältige Tötung der männlichen Bürgern von Bezier, die der junge Vizegraf von Carcassonne, Roger-Taillefer Trencavel, als Rache für die Ermordung seines Vaters durchgeführt hatte - mit Hilfe der Truppen seines Lehnsherrn Alfons. Er dachte an die wenig ritterliche Art, in der er Dolza, der Erbin der Provence, dieses wichtige und blühende Land abgenommen hatte. Aber dadurch war er dem Traum von einem Reich der Nachbarländer diesseits und jenseits der Pyrenäen, die durch ähnliche Sprache, Lebensweise und Geschichte verbunden waren, näher gekommen.

 

Die Provence – Heimat der Troubadoure. Er liebte ihre Poesie und er war manchen zum Gönner geworden. Er selbst hatte sich in dieser Kunst versucht; das hatte ihm seinen zweiten Beinamen eingetragen: el Trobador. Und wieder dachte er an Adelaide, die hoch verehrte und viel besungene große Dame Okzitaniens. Sie war die Tochter des fünften Grafen Raymond von Toulouse, verheiratet mit dem Vizegrafen von Carcassonne und Bezier, Roger-Taillefer. Wo immer sie residierte, versammelten sich die Troubadoure zum Dichterstreit. Nach dem Tode ihres Gatten vor einem Jahr hatte sie sich auf ihre Burg Burlats am Tarn zurückgezogen. Alfons liebte sie – wenn auch anders als seine angetraute Gattin - und sie erwiderte seine Verehrung. Er hatte sogar daran gedacht, sich von Sancha zu trennen und um Adelaides Hand anzuhalten, wobei – so musste er sich eingestehen – nicht nur seine Gefühle für die Dame eine Rolle spielten, sondern auch ein politisches Kalkül. Auf diese Weise hätte er sich die Herrschaft über Carcassonne angeeignet und damit seinen Einfluss im Languedoc enorm erweitert.

 

Doch er hatte den verwegenen Plan wieder verworfen. Adelaide war Ketzerfreundin, sie strebte den „Vollkommenen“ der Katharer nach, den „guten Menschen“ - wie sie sich selbst nannten. Sie führten ein enthaltsames, keusches Leben. Sie entsagten der irdischen Liebe, um die reine christliche Liebe zu verwirklichen. Alfons fühlte eine geheime Sympathie für diese „Ketzer“, die sich über den ganzen Süden des Frankenreiches verbreitet hatten und von der Kirche hasserfüllt verfolgt wurden. Verborgen trug er einen Groll gegen die Prälaten der Kirche, die durch Macht- und Besitzgier ihre geistlichen Aufgaben vernachlässigten und verrieten. Auch ihm hatten sie manche Schwierigkeiten bereitet. Aber er konnte und wollte nicht mit der Kirche brechen. Alfons hatte auf Adelaide verzichtet, aber seine Neigung zu ihr erfüllte ihn mit Schuldgefühlen. Auch dafür wollte er Buße tun.

Die Nachen landeten an. Eine Abordnung von mit einem Kreuz bezeichneten Rittern aus der Burg Saverdera erwartete den König. Zu Pferd zogen sie weiter, über die Dörfer Vilajuiga und Canyelles. Auf die Kunde hin, dass der König komme, liefen die Bauern zusammen. Aber statt einen prächtigen Herrn bestaunen zu können, sah man eine unscheinbare gebeugte Gestalt im Büßergewand. Alt, müde und kränklich wirkte der König.

 

Zuerst ging es auf bequemem Weg durch Weinberge und Ölbaumhaine, die die dem Kloster gehörigen Bauern unter Anleitung der Mönche angelegt hatten. Man machte den König darauf aufmerksam, dass ein ausgedehnter Weinberg ihm gehöre. Am Fuße des Berges angekommen, begann die Wildnis. Man stieg ab. Zu steil, zu felsig war der alte Pilgerweg nach Sant Pere. Zu Fuß ging der König mit seinem engsten Gefolge weiter. Immer wieder musste er stehen bleiben. Auf seinem Weg kam der König an seltsamen, von Schutthügeln umgebenen Steinhäusern vorbei, die aus großen Felsenplatten aufgetürmt waren. Man sagte, Riesen der Vorzeit hätten sie als Gräber errichtet. In manchen hausten jetzt Hirten. Im Vorbeigehen bekreuzigte man sich vor diesen Überbleibseln der Heidenzeit. Auf den Felsen am Wegrand erkannte der König bisweilen Kreuze, die Pilger seit Urzeiten in den Stein geritzt hatten

Oben angekommen, wurde der Weg flacher. Eine Ansammlung von Bauernhütten erschien, wieder umgeben von kultiviertem Land, das durch viele niedrige Steinmauern gestützt wurde. Mas Ventos, Haus des Windes, nannte man den Ort – und tatsächlich begann ein heftiger und kalter Nordwind über das noch braune und dürre Land zu blasen. Aus dem Norden kommt der böse Feind, der das gottgewollte Leben zu verheeren sucht, das stand schon in der Heiligen Schrift und so lehrten es die Mönche.

 

Bei Mas Ventos warteten die Kreuzritter. Die letzte Strecke zum Kloster ritt man wieder zu Pferde. Zu Fuß wollte der König denn doch nicht an der Klosterpforte anklopfen. Oben auf dem Bergrücken hielten die Reiter inne. Der Blick öffnete sich auf das Meer zu beiden Seiten. Nun sah man das Kloster. Wie eine Burg, dem himmlischen Jerusalem gleich, erhoben sich seine hohen Türme und wuchtigen Mauern am Berghang. Ein wahrer Petrusort, die Kirche erbaut auf Felsen, nicht fern von Gestaden, die Fischer befuhren. Darüber auf der Bergspitze das Castell, wie ein Adlerhorst.

Rasch ging es nun hinab durch die Tore des Klosterdorfes Santa Creu mit seiner uralten Kirche - wo die Klosterarbeiter den Weg ehrfurchtsvoll säumten – zum Kloster.

 

Kloster Sant Pere des Rodes

 

Hier wurde der König mit seinem Gefolge vom Prior, umgeben von einigen Brüdern, erwartet. Nach der Regel Benedikts warfen sich die Brüder vor den ankommenden Pilgern nieder. Der König, selbst wie ein Mönch gewandet, hob den Prior auf. Der Prior sprach ein Segensgebet. Dann gaben sich Prior und König und schließlich die übrigen den Friedenskuss. Man wusch den Gästen die Hände, Erfrischungen und Stärkungen wurden gereicht.

 

Die Gäste begaben sich in ihre Quartiere. Der König hatte den Wunsch ausgesprochen zu beichten. Taktvoll hatte der Abt vorgeschlagen, dass dies vor einem der ältesten Brüder geschehe, der als Einsiedler in der „Kapelle des Anachoreten“ unterhalb des Michaelturmes lebte. Dieser wurde als weiser und „geistlicher Vater“ von den Mönchen hoch verehrt. Der König wurde durch verschiedene Gänge in den Chor der Kirche geführt und stieg dort in die unterirdische Krypta hinab. Diese galt als der Ursprungsort des Klosters. Hier - einst war es eine Höhle - sollte der Heilige Paulus Sergius, Bischof und Märtyrer von Narbonne, gelebt haben. Der alte Mönch und Priester erwartete den König dort unten. Niemand erfuhr von der Unterredung zwischen den beiden. Man sah nur, dass der König aufgerichtet und mit strahlendem Antlitz zurückkehrte. Dann ging es in die Kirche, zum feierlichen abendlichen Gründonnerstag-Gottesdienst. Der „Heilige Donnerstag“ war ein besonderer Tag. Es war der Tag der „Grünkraft“, der das „dürre Holz“ der Büßenden wieder „zum Ergrünen“ brachte. 

Das große Portal der Kirche war heute geöffnet worden. Die Pilger versammelten sich auf dem Vorplatz und der Vorhalle, Prior, König und die Grafen an erster Stelle. Der Graf vom Empuries verweilte vor den Grabnischen seiner hier ruhenden Vorfahren und sprach ein Gebet für ihr Seelenheil. Der Prior machte den König auf das prächtige Marmorportal aufmerksam, das vor nicht langer Zeit von Abt Berenguer eingeweiht worden war. Ein großer Meister der Steinmetzkunst aus dem Rossello, aus Cabestany, hatte es gestaltet. Szenen aus dem Leben Christi und Petri erschienen. Ausdrucksvolle Gestalten mit großen Augen und sprechenden Gebärden blickten auf den Betrachter. Machtvoll heilt Christus den Mann mit der verdorrten Hand, erweckt Lazarus zu neuem Leben, hält sein letztes Mahl mit den Jüngern. Ganz oben krönte das Kreuz tragende „Lamm Gottes“ die Bilderfolge. Eine Szene fiel dem König besonders auf: Petrus und Andreas als Fischer im Boot, unter ihnen das mit Fischen erfüllte Wasser. Vor ihnen die majestätische Gestalt Christi, der sie mit befehlender und werbender Geste zur Nachfolge, als „Menschenfischer“, beruft. Der Meister hatte sich nicht nur auf den Namensgeber des Klosters – dessen Reliquien hier verehrt wurden - und seinen Bruder bezogen, denen die Hauptaltäre der Kirche geweiht waren. Er hatte wohl auch das Bildnis geschaffen, um die Mönche an ihre Berufung zu mahnen. Der König fühlte sich an seine Überfahrt über den See von Castello erinnert und war betroffen.

Die Glocken läuteten, der Gottesdienst begann. Der König trat mit seinem Gefolge und den anderen Pilger in den Kirchenraum und schritt langsam nach vorne. Das Dunkel der Kirche wurde von den wenigen hochgelegenen kleinen Fensteröffnungen und Kerzen erhellt. Mächtige Pfeiler, in der Höhe mit doppelstöckigen Säulen verblendet, stützten das lang gestreckte Schiff, endeten in Bögen und trugen die hohe Wölbung. Ein Gleichnis für Himmel und Erde und den Pilgerweg des Menschen. Ein großer Bogen schloss den Raum der Gläubigen ab und öffnete sich zum Chor. Hier fand die heilige Handlung der Eucharistie statt, die Begegnung zwischen Irdischem und Himmlischen, hier inkarnierte sich Christus von neuem und ließ die Gläubigen an seinem Erlösungswerk teilhaben. Feierlich erklang der Psalmengesang der Mönche von dort, engelsgleich, wie es den Anwesenden erschien. In den Lesungen wurde des letzten Mahles Jesu , der damit verbundenen Stiftung des Mahles der Gläubigen und seines Opfertodes gedacht. Feierlich wurde den Büßern die Absolution und der Erlass der Kirchenstrafen verkündet, wenn sie recht vorbereitet erschienen waren. Ein ehrfurchtsvolles Raunen ging durch die Menge als bei der eucharistischen Handlung ein rötlich schimmernder Kelch mit Edelstein besetzter Fassung vom Altar emporgehoben wurde. Das Licht brach sich ihn ihm und ließ ihn geheimnisvoll leuchten. In feierlicher Prozession wurde der Kelch mit dem Blut Christi und die Schale mit dem Leib Christi um den Hauptaltar und den Chorumgang zum Altar des Paulus in der Seitenapsis getragen. Dort sollten sie bis Ostern ruhen.

 

In einem zweiten Teil des Gottesdienstes wurde das Ritual der Fußwaschung am Altar des Andreas vollzogen. Nach dem Vorbild Jesu wusch der Prior zwölf auserwählten Pilgern und Mönchen, unter ihnen dem König, die Füße. Zum Abschluss zogen die Pilger im Chorumgang um die heiligen Reliquien, die sich unter dem Altar in einer Gruft befanden.

Nach dem Gottesdienst empfing der Prior den König und sein Gefolge zum Abendessen. Während des Mahles teilte der König mit, dass er dem Kloster den bei Vilajuiga liegenden Weinberg „Vinya del Rei“ schenke, was der Prior mit Befriedigung zur Kenntnis nahm. Die anderen Pilger speisten im Pilgerhospital, wo sie auch schliefen. Karfreitag und Karsamstag verbrachte der König und seine Ritter im Kloster, an Gebetszeiten der Mönche teilnehmend und in ernster Besinnung.

Ostersonntag - Burg  Sant Salvador de Saverdera

 

In aller Frühe – noch in der Dunkelheit - waren der König und seine Begleitung aufgebrochen. Die Kreuzritter hatten ihn abgeholt. Mühsam hatten die Pferde Tritt auf dem steilen und felsigen Weg gefasst. Der König hatte sich wieder in den königlichen Ritter verwandelt, wie man ihn kannte.

 

Der Kommandant der Besatzung, ein Templer, hatte ihn oben am Burgtor, das ein Kreuzwappen schmückte, empfangen. Der König schätzte die Templer. Sie hatten eine wichtige Rolle bei seinen Eroberungszügen in die maurischen Gebiete gespielt. Außerdem berieten und unterstützten sie ihn in wirtschaftlicher Hinsicht.

 

Der Templerorden war unabhängig und reich. Die Grafen von Empuries hatten die Burg schon früh dem Kloster zur Verfügung gestellt, zu seinem Schutz, wie sie sagten – Mönche durften ja das Schwert nicht ergreifen - aber auch mit dem Hintergedanken, die nicht immer grafentreuen und nur dem Papst unterstellten Mönche zu kontrollieren. Mit der Zeit war die Besatzung zu einer Art Mönchsritterorden geworden, mönchischen Regeln unterworfen, aber harte und disziplinierte Kämpfer. Sie hatten ihr eigenes Leben auf der Burg entfaltet, auch ihre eigene Spiritualität, obwohl der Abt nominell ihr Oberhaupt blieb. Zeitweilige Spannungen mit ihm blieben nicht aus. Vor einiger Zeit hatten sie sich mit den Tempelherren in Castello d´Empurias verbunden.

 

Es dämmerte, als der Tempelritter den König in der Burg herumführte, deren Anlage in die Felsen gebaut war. Ein ziemlich unebener Waffenhof, karge Unterkünfte auf den bebaubaren Flächen, Türme, Mauern. Die Südseite war weitgehend unbefestigt. Ein steiler Felsabgrund machte sie unerklimmbar.

 

Der Burgkommandant erzählte, in maurischer Zeit habe eine Königin die Burg gegen christliche Belagerer verteidigt, nachdem ihr Mann im Kampf gefallen sei. Bei dem Versuch, ihre Krieger zu einem Ausfall zu sammeln, habe das Pferd gescheut und die Sarazenin sei mit ihm in den Abgrund gestürzt. El Salt de la Reina Mora, der Sprung der Maurenkönigin, hieße die Felswand seitdem. Bisweilen würde man noch heute nächtens die Schreie der Königin von unten hören. Aber das seien wohl die Uhus, die in den Felsen nisteten, meinte der Templer. Der König erinnerte sich an glutäugige maurische Prinzessinnen auf ihren weißen arabischen Pferden, die er zu sehen bekommen hatte.

 

Die größte Fläche auf der Burg nahm der Tempel Sant Salvador ein, Er war auf der höchsten Spitze des Berges erbaut. Nur der Torre Mestre, der mächtige Bergfried, an seiner südöstlichen Seite überragte ihn. In diesem wurde der König und der Graf von Empuries untergebracht. Hier hätten sie den besten Überblick über ihre Lande, sagte der Kommandant.

Die Sonne war vor dem Aufgehen, als man sich zum Ostergottesdienst im Tempel versammelte. Eine große fast quadratische, weiß getünchte Halle, gestützt von sechs Säulen, drei Apsiden. Vor der mittleren ein Marmoraltar, mit weißem Linnen bedeckt. Das Morgenlicht brach durch die Fenster. Man hatte dem König einen thronartigen Sessel in der Mitte der Halle aufgestellt, auf dem er Platz nahm, nun mit dem purpurnen Königsgewand angetan. Um ihn die Grafen und Edlen in Festgewändern, seitwärts standen die Kreuzritter in weißen Kleidern und Umhang mit rotem Kreuz auf dem Rücken.

Anbetung des Gral (Bildhandschrift, Nationalbibliothek Paris)
Anbetung des Gral (Bildhandschrift, Nationalbibliothek Paris)

Die schon geschlossenen Türen öffneten sich erneut, zwei schöne, junge Frauen trugen auf ihren rechten Händen – auf einem grünen Seidentuch - ein mit Schriftzeichen und Edelsteinen reich verziertes Steinkästchen herein. Offensichtlich war es arabischen Ursprungs. Ehrfurchtsvoll bildeten die Tempelritter eine Gasse. Die Mädchen schritten hindurch, stellten das Kästchen auf den Altar, verneigten sich, erst vor dem Altar, dann vor dem König. Ein weiß gewandeter Priester trat hervor und begann den Gottesdienst. Die Mönchskrieger respondierten, mit wechselseitigen Gesängen und Gebeten schritt die Liturgie fort. Vor der heiligen Handlung öffnete der Priester das Kästchen. Es enthielt den Kelch und den Teller, den der Prior in der Klosterkirche benutzt hatte. Als er den Kelch hochhob, fiel das Licht der aufgehenden Sonne durch ein östliches Fenster auf den Kelch. Es war, als ob himmlisches Licht den Kelch füllte. Die Kreuzritter und mit ihnen alle Anwesenden waren auf die Knie gesunken und verehrten schweigend das Mysterium der Gottesgegenwart. Allen wurde das Mahl gereicht, Brot und Wein. Zögernd nahmen König und seine Leute das an, sie waren es nicht gewohnt. Aber eine freie und frohe Stimmung – fern von den ehrwürdigen und eher düsteren Zeremonien im Kloster - hatte auch sie ergriffen. Der Osterjubel „Christ ist erstanden“ erscholl und alle gaben sich den österlichen Kuss. Der König fühlte sich wie neu geboren.

Nach dem Gottesdienst wurden Tische und Polster herein getragen, die Wände mit kostbaren Teppichen behängt. Der Tempel verwandelte zum Palast, ja zur Königshalle. Knappen brachten Speisen auf edlem Geschirr herein, und alle setzten sich zum Mahle. Der König präsidierte der Gesellschaft und eröffnete das Fest mit einigen königlichen Grußworten. Scherzworte flogen beim Zutrinken hin und her und während des Essens und Trinkens erhoben sich lebhafte Gespräche. Bei alledem stand der „Sant Greal“, wie die Kreuzritter ihn nannten, weiter schimmernd auf dem Altar und verhinderte allzu ausgelassenes und ungebührliches Treiben.

 

Der König bezähmte seine Neugierde, aber schließlich bat er den obersten Tempelritter doch um Auskunft, was es mit dem Kelch auf sich habe. Alle schwiegen, als dieser zu seiner Antwort ansetzte: „Ich teile euch, verehrte und edle Herren, ein Geheimnis mit. Aber ihr müsst mir versprechen, darüber Stillschweigen zu bewahren.“ Der König und seine Edlen verbürgten sich mit ihrer Ehre.

 

Der Templer erzählte: Eine alte Überlieferung des Klosters besagt, dass dieses Gefäß der Kelch ist, aus dem unser Heiland und seine Jünger bei ihrem letzten Mahl tranken. Und in eben diesem Gefäß hat der vornehme Joseph von Arimathäa, der ihn dann auch begrub, das kostbare Blut unseres Erlösers aufgefangen, das nach seinem Tode am Kreuz aus der Seitenwunde quoll. Nach vieler Mühsal hat Joseph dieses heilige Gerät ins Abendland gebracht und bestimmt, dass eine Schar von Auserlesenen es behüte. Der Kelch ist nach Rom gekommen. Als Rom von Feinden bedroht war, hat ein Ritter ihn im Auftrag des Papstes – es war unter Bonifatius dem Vierten – hierher gebracht und in der Höhle des heiligen Sergius auf dessen Altar niedergelegt. Das Kloster Sant Pere ist errichtet worden, um die Reliquien des Petrus und den Gral zu behüten. Uns Rittern auf der Burg hat man den Schutz des heiligen Kelches aufgetragen. Zwar kehrt der Gral zu bestimmten Zeiten ins Kloster zurück, aber die meiste Zeit weilt er bei uns und wir genießen seine segensvolle Kraft. Seine heilige Gegenwart spornt uns zu gottgeweihtem ritterlichen Leben an. Die Hörer schwiegen ehrfurchtsvoll, obwohl sich bei manchen im Königsgefolge skeptische Gedanken regten. Mönche erzählten ja viel, um ihr Kloster hoch zu heben. Der König und der Graf wussten von mancher Fälschung von Mönchen, um Ansprüche zu rechtfertigen. Und man kannte ja den Nationalstolz der Katalanen, die Legenden der alten Welt und des Christentums gerne auf sich bezogen. Gab es nicht auch andere Orte, die in Anspruch nahmen, den heiligen Kelch zu besitzen? Der König schob diese Gedanken beiseite. Hier hatte er seinen Seelenfrieden, seinen Gral gefunden. Das zählte. Mochten andere sich streiten, wo sich der Gral befand.

 

Plötzlich entstand vor dem Tor des Tempel-Palastes Unruhe. Man hörte eine Stimme: „Hier kommt Kyot aus der Provence. Wenn ihr edle und Kunst liebende Herren seid, dann lasst ihn ein. Er wird euch mit seiner Kunst erfreuen“. Man sprang freudig auf und holte ihn herein – der weit gereiste Sänger war bekannt und allemal willkommen an ritterlichen Höfen. Er brachte immer Neuigkeiten, trug schöne Lieder und spannende Geschichten vor. Auch der König schätzte ihn und hieß ihn willkommen. Kyot griff kräftig zu und blieb auch nicht schweigsam. Er erzählte von seinen Reisen und berichtete von den Höfen, die er unlängst besucht hatte. Er war aber nicht nur ein unterhaltsamer Plauderer, sondern auch ein aufmerksamer Beobachter. Kyot war klug und geschickt genug, sich auf seine Umgebung und sein Publikum einzustellen.

 

Nach geraumer Zeit – die Gesellschaft hatte sich gesättigt und die Gespräche erschöpften sich - forderte der König Kyot auf, seine Kunst zum Besten zu geben. Der Sänger stand auf und wandte sich mit höflichen Worten an die Anwesenden. Er wolle ihnen eine Geschichte vortragen, die von der Lebensreise, der Suche, und den Bewährungsproben eines Ritters handle, der dann endlich zu seinem Lebensziel gefunden habe, Percival genannt. Seit langen Jahren habe er geforscht und die Stoffe der Geschichte gesammelt; er habe die arabische Urfassung der Erzählung in Toledo gefunden und aus alledem einen „cantar“, eine Erzählung in Verform, daraus gemacht. Auch Chretien aus Troyes, der Sänger am Hofe des Grafen Philipp von Flandern, habe den Stoff aufgenommen und einen „Roman“ daraus verfertigt. Der Franzose habe aber die Geschichte verfälscht und nicht einmal fertig gestellt. Für die Kultur des Südens hätten die Nordfranken eben kein rechtes Verständnis – fügte er unter dem beifälligen Nicken der katalanischen Ritter hinzu. Er, Kyot, wolle ihnen die Geschichte richtig erzählen.

 

Und nun trug er den aufmerksam lauschenden Hörern die Geschichte von Percival im rythmisch-singenden Tonfall vor: seine Herkunft, sein Auszug als naiver Jüngling aus der Obhut der Mutter, seine Kämpfe als Ritter, die Gewinnung seiner Frau, die Aufnahme in die Runde des Königs Artus, seine Begegnung mit dem verwundeten Fischerkönig auf der Gralsburg, die unterlassene Frage nach dem Befinden des Königs, seine Schuldverstrickung, die Suche nach dem Gral, die Begegnung mit dem Einsiedler, der ihm seine Bestimmung enthüllt, das Geheimnis des Grals, die erneute Begegnung mit dem Gralskönig, dem er nun endlich die erlösende Frage stellen kann, seine Einsetzung als Gralskönig und die Wiedervereinigung mit Bruder, Frau und Söhnen.

 

 

Der Vortrag Kyots zog sich – unterbrochen von Pausen – bis in den Abend hinein. Aber die Zuhörer wollten immer noch mehr hören. Sie waren gefesselt, denn vieles kannten sie aus ihrem Leben, manches Erlebnis, manche Person schien ihnen bekannt. Es sah so aus, als ob Kyot mit seinen Schilderungen auf die Menschen hier, auf die Burg und die heiligen Gegenstände vor ihnen anspielte, wenn dann auch alles wieder im Märchenhaften blieb. Auch der König war berührt, oft fand er sich im Schicksals Percivals wieder, aber vor allem im Fischerkönig.

 

Am anderen Morgen verließen der König und sein Gefolge die Burg und brachen nach Perpignan auf, wo den König wichtige Geschäfte erwarteten. Der Graf von Empuries und der Vizegraf von Peralada kehrten in ihre Städte zurück. Kyot war schon vor den Herrschern aufgebrochen. Wie er dem König noch am Abend sagte, wollte er in das ferne deutsche Reich ziehen, an den Hof des Landgrafen Hermann von Thüringen, einem großen Förderer der Literatur, der auch die romanische Dichtkunst verstand und schätzte.

 

In Perpignan setzte der König sein Testament auf und regelte seine Nachfolge. Im Jahr darauf starb König Alfons der II. dort. In seinem Testament hatte er verfügt, dass seine sterblichen Überreste in der von ihm neu geschaffenen Grablege der Grafenkönige im Zisterzienserkloster Poblet ruhen sollten. Sein Herz aber ließ er bei den Augustinern in Vilabertran bestatten, wovon noch heute eine einfache lateinische Inschrifttafel in einer Wand der Kirche kündet: ICH WAR ILDEFONSUS, EIN MÄCHTIGER UNTER DEN MÄCHTIGEN; NUN BIN ICH NICHT MEHR, DER ICH EINST WAR, ES LIEGT HIER DER WICHTIGSTE TEIL VON UNS. 

Wolfram von Eschenbach (Manessische Liederhandschrift, Heidelberg)
Wolfram von Eschenbach (Manessische Liederhandschrift, Heidelberg)

Epilog – Wartburg Anno Domini 1210

 

„Wenn einer sein Leben so endet,   dass GOTT nicht der Seele beraubt wird durch des Menschen eigne Schuld, und wenn er sich dennoch die Huld der Welt bewahren kann mit Ehren, so hat seine Mühe einen guten Ertrag“.

 

Wolfram aus Eschenbach in Franken hörte auf, dem Schreiber des Landgrafen zu diktieren. Nach langer Arbeit hatte er sein Versepos „Parzival“ beendet. Seit der Begegnung mit Kyot aus der Provence vor Jahren hatte ihm dessen Gralserzählung keine Ruhe mehr gelassen. Er hatte die „Märe“ auf seine Art neu gestalten müssen. Gut, er hatte auch den Roman Christians von Troyes herangezogen. Aber sein eigentlicher Gewährsmann war Kyot. Seine Schilderungen der Welt Romaniens hatte er bei der Abfassung seines Werks vor Augen, die Burg im fernen Katalonien, ihre Ritter, ihre Verehrung heiliger Gegenstände, ihren König, die Überlieferung vom Gral in Spanien…

 

Aber Wolfram wusste wohl auch, Gral und Gralsburg gehören einer idealen, inneren Welt an. So mochte jeder seinen Gral und seine Gralsburg suchen und finden.

 

Nachbemerkung: Diese Erzählung beruht auf sorgfältig erforschten geschichtlichen Einzelheiten, ist aber fiktiv komponiert. Ein Besuch König Alfons II. in Sant Pere de Rodes ist historisch nicht verbürgt, aber denkbar.

 

Es gibt auch andere Orte mit anderen Überlieferungen, die mit dem Gral verbunden werden: Das Kloster Sant Juan de la Pena in Aragon, von dort soll der „Santo Caliz“ in die Kathedrale von Valencia gekommen sein; der Montsegur in Südfrankreich, wo Katharer den Gral gehütet und ihn bei der Eroberung der Burg den Templern übergeben haben sollen...

 

Auch wird der Gral unterschiedlich bestimmt: als Abendmahlskelch, als Hostienbehälter, als Wundergefäß, als keltische Opferschale, als magischer Stein, als der Schoß Maria Magdalenas, der ein Kind Jesu barg…

 

Ich habe mich auf die Spur gemacht, die nach Sant Pere de Rodes und die Burg Sant Salvador weist. Dies wird von katalanischen Autoren vertreten, die sich auf lokale Sagen berufen: als erster wohl Dr. Antonio Bosch Ucelay aus Figueres (in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts), zuletzt Gabriel Martin i Roig, L´Emporda historic.Legendes, 2009. Auch Salvador Dali gefiel diese Idee.

 

Es ist umstritten, ob es Kyot, den Troubadour, gab und wer er war. Aber sollte Kyot wirklich der Gewährsmann Wolframs für die Gralsgeschichten gewesen sei, was dieser mehrfach versichert, dann kannte der Provencale sicher den König, das Kloster und die Burg Saverdera. Auf jeden Fall ist die Ähnlichkeit der Burg und ihrer Lage mit der Schilderung der Gralsburg im „Parzival“ auffällig.

Hans Thoma: Ritter auf dem Weg zur Gralsburg
Hans Thoma: Ritter auf dem Weg zur Gralsburg

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