Ein königliches Schiff in den Kanälen von Roses-Santa Margarida? Die Regatta-Yacht „Bribón“ I

 

Wie sieht ein Schiff aus, das ein designierter König führte? Groß, luxuriös? Wir werden sehen.

 

Wer in den zum Meer führenden Kanälen von Roses-Santa Margarida an der Costa Brava schippert, entdeckt unter den heute dicht an dicht liegenden Wasserfahrzeugen aufwendige Yachten, Motorboote oder Segelschiffe.   Nicht wenige ragen weit über die Begrenzungspfähle der Liegeplätze ins Fahrwasser hinaus. Im nördlichsten Kanal, dem Canal Tramuntana, kann man ein schnittig, aber bescheiden wirkendes Segelboot inmitten anderer Schiffe entdecken, weißer Bootskörper, hellblaues Deck, vertäut an einer Mauer, die den Kanal begrenzt, dahinter ein Garten mit Palmen und ein Haus im Mittelmeerstil. In blauer Schrift lesen wir den Namen des Bootes „Bribon“.

 

 

Zumindest Spanier, die vorbeikommen, müssten stutzig werden: Bribón? So hießen doch die legendären Regatta-Yachten des spanischen Königs Juan Carlos I! Ein Königsschiff in den Kanälen von Santa Margarida? Und neuerdings hängt an dem Schiff ein Schild, dass es zu verkaufen sei. (https://www.boat24.com/es/veleros/elvstroem-12-tonnen-racing/detail/480630/)

 

Als Segler und ehemaliger Nachbar des Eigners war das für mich der Anlass, mich näher mit dem Schiff zu befassen und seiner Geschichte nachzugehen.

 

Ich kenne den jetzigen Besitzer seit langem. Es ist hier kein Unbekannter. Gebürtiger Lübecker hat er die Seefahrt kennengelernt, von der Pike auf oder besser vom „Tampen“ an. Er ist auf Schiffen und – zusammen mit seiner Gattin - mit seinen Booten viel herumgekommen, hat Regatten erfolgreich absolviert. Auf Bohrinseln sammelte er Erfahrungen, die ihm hier zugutekamen. Die blauen hohen Dalben (Pfähle) mit gewundenen Metallhaken oben, die die Liegeplätze in Santa Margarida und Empuriabrava begrenzen und an denen die Schiffe festmachen, wurden von ihm gesetzt. Natürlich hat er viel zu erzählen und kann manche interessante Dokumente von seinen Tätigkeiten und Segeltörns vorlegen. So ist das auch mit der „Bribón“, die vor seinem Haus liegt.

 

Der jetzige Eigner

Diese „Bribón“ ist ein historisches Schiff. Eigentlich könnte sie auch in einem Marine-Museum ausgestellt sein. Entworfen, gebaut und ausgerüstet wurde das Boot von dem dänischen Weltklasse-Segler Paul Elvström, der mit dieser 1/2 Tonner Klasse mehrfach die Weltmeisterschaft errang.

 

1975 kaufte es der katalanische Ingenieur, Unternehmer und Sportsmann Josep Cusí i Ferret für Regattazwecke, zunächst wohl für die Weltmeisterschaft der Halbtonner-Klasse. Das Schiff nahm dann auch am Half-Ton Cup 1976 in Triest teil, unter Führung des katalanischen Geschäftsmannes, Publizisten, vielseitigen Sportlers und bekannten Seglers Víctor Sagi i Complet. Es belegte allerdings keine der vorderen Plätze.

 

Cusí benannte den Elvström-Racer nach dem Firmennamen seiner Frau „Bribón“. Dies ist ein vieldeutiges, eher negativ besetztes Haupt- oder Eigenschaftswort. Als Hauptwort bedeutet es eigentlich „Gauner“ „Schelm“. Cusí wollte es als Eigenschaftswort im Sinne von "schlau und durchtrieben" („picaro“) verstanden wissen, was ja bei geschäftlichen Unternehmungen und Segelwettbewerben eine durchaus erfolgversprechende Vorgehensweise sein kann.  

 

Cusí beriet Franco in sportlichen Fragen. Bei ihm lernte er den als Nachfolger Francos und König designierten Juan Carlos kennen. Er bewirkte auch, dass Franco die Zustimmung zu dessen Teilnahme als Segler an der Olympiade in München 1972 gab. Juan Carlos war in der Tradition seines Großvaters und Vaters von Jugend auf mit dem Meer, der Seefahrt und dem Segelsport vertraut gemacht worden. So kam der Plan zustande, den beliebten und attraktiven Príncipe als Repräsentanten Spaniens im seglerischen Bereich auftreten zu lassen. Man wählte die Drachen-Klasse für ihn aus, wo er in der Dreier-Mannschaft des Bootes „Fortuna“ mit zwei erfahrenen Regatta-Seglern als Steuermann eingesetzt wurde. Die Wettkämpfe in Kiel gingen für das spanische Team wie die ganze Olympiade nicht glücklich aus. Nachdem Cusí Juan Carlos für die olympischen Spiele in München 1972 trainiert hatte, beschlossen die beiden gemeinsam zu segeln.

 

Bribón I. war das erste der legendären 15-Bribón-Schiffe, die Cusí bis 2011 ausrüstete, 13 für den König als Patron. Die Bribóns – jetzt von anderen Bootsbauern - wurden dabei immer wieder verändert und technisch verbessert. Die Boote, oft mit dem König als Steuermann, erzielten viele Erfolge in spanischen und internationalen Wettbewerben. Die Crewmitglieder hoben immer wieder hervor, dass der König sich loyal in die Mannschaft einfügte und keine Sonderrechte beanspruchte, genauso wie er sich auch gegenüber den Mitseglern sportlich- kameradschaftlich verhielt. Cusí, der König und die Mannschaften haben mit ihrem Engagement einen großen Beitrag zur Entwicklung des Segelsports in Spanien geleistet, seglerisch und technisch.

 

Bilder / Oben: Die Mannschaft von Bribón III mit Juan Carlos am 26.11.1981 beim Einlaufen in Barcelona nach dem Sieg bei einer Regatta  (Bild: efs.efeservicios.com). Unten: Der König und sein Instruktor, Ausrüster und "Servidor" (Diener) Josep Cusí in späteren Jahren (Bild: Voz Pópuli)

 

Im Logbuch der Bribón I fungiert Cusí als erster Eigner und Patron, es ist aber belegt, dass auf ihm auch der König segelte. In einem Schreiben an den jetzigen Besitzer bestätigt 2018 der König, dass das Boot "ihm früher gehörte." Zeitweilig war es im Besitz des schon erwähnten Regatta-Segler und Einhand-Atlantiküberquerers Víktor Sagi i Montplet (bis 1977).  Er benutze das Boot als Alleinsegler. Die Besitz- und Benutzerverhältnisse sind bei der engen Verbindung der Patrone, der Mannschaften und auch dem König nicht immer leicht zu durchschauen. Vor der Demokratisierung des Segelsportes in Spanien, zu der der König mit seinen Aktivitäten wesentlich beitrug, bildeten die Sportsegler eine eigene miteinander verbundene Klasse, zu der Adlige und wohlhabende Geschäftsleute gehörten.

 

Oben: Das Logbuch der Bribón I und der Eintrag zum Ersteigner.Unten:Das Schreiben des Königshofes an den jetzigen Eigner der Bribón I und die persönliche Widmung des Königs unter den Bilder "seines" Schiffes (Archiv des Eigners).

Der jetzige Eigner hat das Boot 1984 von Cusí übernommen. Es wurde dann an einen deutschen Segler verkauft, der es sehr pflegsam behandelte und einige Neuerungen durchführte. Danach "verliert sich nicht die Spur" der Bribón I, wie I. Gomez-Zarzuela Ros in seinem Buch "El rey y el mar" (2012) meint. 2009 hat der gegenwärtige Besitzer sie wieder zurückgekauft, um das Schiff vor dem eventuellen Verfall zu bewahren.

 

Das Boot wurde von ihm bis zum jetzigen Zeitpunkt - auch in Regatten – gesegelt. Ich konnte mich von seinem Zustand überzeugen. Für sein Alter ist es gut erhalten. Begeht man es – auch unter Deck – dann merkt man sofort, es ist im Gebrauch und wurde von einem erfahrenen Segler benutzt. Es ist alles vorhanden, was zum sportlichen Segeln erforderlich ist. Der Besitzer meint, es sei nun an der Zeit es abzugeben, wegen seines eigenen hohen Alters, nicht dem des Bootes.

 

Blick ins Innere des Schiffes

 

Hoffen wir, dass das bemerkenswerte Schiff einen neuen Besitzer findet, der es schätzt und erhält.

 

Die Bribón I auf der Werft - Das Boot mit aufgetakelter Genua (Bilder: Archiv des Eigners)

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