Salvador Dalís Geburtshaus – eine eindruckvolle Show über den Anfang, den weiteren Lebensweg und das Schaffen des surrealistischen Genies

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Figueres hat eine weitere Attraktion, die dem berühmten Sohn der Stadt gewidmet ist. Nach langen Bemühungen und Vorbereitungen wurde das Geburtshaus Dalís  im Oktober 2023 für das Publikum geöffnet. Hier in diesem Haus in der Carrer Narcís Monturiol Nr. 6 (heute Nr. 20) lebte die Familie Dalí Doménech von 1900 bis 1912. Im Erdgeschoss befand sich das Notariatsbüro des Vaters Salvador Dalí Cusí und im ersten Stockwerk lagen die Wohnräume.  In diesem Haus wurde Salvador Dalí i Domenéch am 11. Mai 1904 geboren und verbrachte die ersten acht Jahre seines Lebens. 1912 zog die Familie einige Häuser weiter in das Haus Nr. 10 (heute 24) und bewohnte dort das zweite Stockwerk.

 

Wer das Theatre-Museo Dalí in Figueres besichtigt, erlebt ein von Dalí selbst geschaffenes Gesamtkunstwerk und sieht viele Installationen und Bilder des Künstlers. Vielleicht weiß der Besucher aber nur wenig über seinen Lebensgang und seine künstlerische Eintwicklung. Im Geburtshaus kann er dies nun in einer Multimedia-Show umfassend und detailliert nacherleben. Er tritt mit Hilfe  einer den Besucher einbeziehenden medialen Gestaltung in die Welt des surrealistischen Genies ein und begegnet Dalí  geradezu „intim“.

 

Wir hatten Besuch und dieser musste natürlich zuerst einmal das Dalí-Museum besuchen. Wir kennen das Museum durch viele Besuche und so hatten wir kein Interesse an einer Wiederholung.  Das Geburtshaus und seine museale Gestaltung kannten wir noch nicht und so benutzten wir die Gelegenheit zum Eintritt. Während vor dem Dalí-Museum selbst im Oktober noch eine lange Schlange stand und Einlass begehrte, warteten im Empfangsraum des Geburtshauses nur wenige Leute vor uns.

 

Die Besucher werden in kleinen Gruppen durch das Haus geleitet. Sie erhalten einen Audio-Guide, der sie durch die Räume führt und ausführliche Erklärungen gibt. Leider gibt es den Guide nicht in Deutsch, sondern nur in Spanisch, katalanisch, französisch und englisch. Die Erklärungen im Guide sind sehr instruktiv und selbst derjenige, der sich mit Dalí beschäftigt hat, wird manches über ihn erfahren, was er nicht wusste. Unter anderem werden viele enthüllende Selbstzeugnisse des Künstlers zitiert. Es ist aber nicht immer leicht, den wechselnen Bildern des Rundganges und den Erklärungen zu folgen. Deshalb zeichne ich hier Kindheit und Jugend Dalís nach, was als Vorbereitung des Besuchs hilfreich sein könnte.

 

Blick an der Taufkirche von Dalí, Sant Pere (rechts), vorbei zum Theatro-Museu Dalí (im Hintergrund). Rechts: Besucher vor dem Eingang zum Geburtshaus

Das Haus – ein „modernistischer" Bau

 

Zunächst einmal lohnt beim Besuch die Betrachtung der Fassade des Hauses. Es wurde 1898 im „modernistischen“ Stil von dem figuerencer Stadt-Architekten Josep Azemar  als „Casa Puig“ errichtet. Das Erscheinungsbild zeigt – wie die Nachbarhäuser - ein großbürgerliches und der damaligen „Moderne“ aufgeschlossenes Milieu an, in das Dalí geboren wurde, ein Milieu, das im Audio-Guide uns später beschrieben und in Bildern illustriert wird.

 

Oben: die Strasse Monturiol, in der die Wohnhäuser der Familie Dalí liegen. Schild mit einem Ausspruch des Dichters Fages de Climent: "In der Strasse Monturiol haben drei Genies das Licht der Sonne erblickt. Der Erfinder des Unterseeboots [Monturiol], ich und Salvador Dalí."

Unten: Das Geburtshaus Dalís und das zweite Wohnhaus der Familie Dalí am Ende der Strasse. Ganz unten: Projektionen von Figueres Anfang des 20. Jahrhunderts in der Ausstellung

Erdgeschoss – Ein strenger Vater und eine vergötterte Mutter

 

Wir treten ein und nachdem wir die „Aufnahmefomalitäten“ erfüllt haben, zeigt uns im „Entresuelo“ eine Hologramm-Projektion den Vater als jungen Notar bei der Arbeit. Der Erzähler im Audio-Guide bezeichnet ihn als „starken, jähzornigen Charakter und extravertierte Persönlichkeit“. Mit diesem strengen und ordnungsliebenden Vater war der Sohn in Hassliebe verbunden. Die Mutter glich allerdings die Strenge des Vaters aus. Dali „vergötterte“ sie und ihr „Bild“ schien ihm einzigartig. Ihr unerwarteter Tod 1921 war für ihn ein schlimmer Schlag. Viele seiner ungewöhnlichen Beweggründe und Verhaltensweisen lassen sich auf das Verhältnis zu Vater und Mutter zurückführen.

 

Oben: Projektion des Arbeitszimmers des Notars Salvador Dalí Cusí, dem Vater des Künstlers. Rechts sein Porträt in jungen Jahren. Daneben die Mutter: Felipa Domènech Ferrés, 1910. Unten: die Familie Dalí Domènech in Cadaqués. Von links nach rechts: eine Haushilfe, Mutter und Vater, der kleine Salvador, die Tante Caterina,  die Schwester Salvadors Anna Maria und die Großmutter Anna, c. 1910. Quelle (auch weiterer Bilder): https://www.casanataldali.cat/en/dali/dali-in-person/his-family/ 

Die im Geburtshaus-„Museum“ viel verwendete Hologramm-Technik greift auf  Gestaltungsmittel zurück, die auch Dalí einsetzte. Der späte Dalí experimentierte mit der „stereoskopischen“ Bild-Technik, die zweidimensionalen Bildern den Eindruck von Raumtiefe gibt, z. B. in „Holos! Holos! Velásquez! Gabor!“ (1972), oder „Dalí von hinten, Gala von hinten malend, die von sechs virtuellen, sich vorübergehend in sechs echten Spiegeln widerspiegelnden Hornhäuten verewigt wird“ (1972/73). Dalis Gemälde sind ohnehin fast immer auf räumliche Tiefe hin komponiert. Die skereoskopische Technik gibt ihm zusätzlich die Möglichkeit zu „Mehrfachbildern“, die sich überlagern.

 

Auch sonst werden in der Ausgestaltung des Parcours des Geburtshauses  dalianische Ideen, Gestaltungselemente und Formen aufgenommen, die der Besucher mehr oder weniger bewußt wahrnehmen wird. Es lohnt sich darauf zu achten!

Die Wohnräume der Familie – bürgerliches Ambiente

 

Wir steigen die Treppe hoch und treten im ersten Stockwerk in die Gemächer der Familie ein, Wohnräume, eine Galerie, Küche, Bad, Schlafzimmer, in dem der „dritte“ Salvador geboren wurde (der Vater, der früh verstorbenen Bruder und der Maler hießen so). Auch ein kleines Schulzimmer wird gezeigt. Die Ausstattung der Räume wurde – bis auf die Küche – rekonstruiert.

 

Dem nachgeborenen Salvador fiel es schwer, das Schlafzimmer seiner Eltern (zugleich sein Geburtszimmer!) zu betreten, wegen der Reproduktion eines dort hängenden, ihn offenbar erschreckenden Bildes des gekreuzigten Christus von Velázquez und eines Porträts seines verstorbenen Bruders. „Um mich von meinem  toten Bruder zu unterscheiden, musste ich alle Exzentritäten der Welt begehen“ zitiert der Erzähler im Audio-Guide Dalí.

 

Oben: Aufgang zu den Wohnräumen der Familie Dalí. Rechts: Die Stockwerke mit dem Besichtigungsprogarmm. Unten die Wohnräume der Familie. Unten rechts (historische Aufnahme): auf der Galerie.

 Die Geburt eines „Genies“

Das rekonstruierte Schlafzimmer der Eltern, in dem Dalí geboren wurde

Natürlich ist der Geburtsraum eine besondere Attraktion. Hier in diesen „sauberen, weißen und theatralischen Laken“ wurde also das „Genie“ geboren. Wie man ein „Genie“ wird und sich als solches präsentiert, war ein Lieblingsthema des großen „Narzisten“ Dalí.  

„ Oh Salvador. Du weißt es jetzt, wenn Du das Genie spielst, dann wirst Du eins.“ ("Das Geheime Leben des Salvador Dali") Mit 16 Jahren ist er überzeugt: „Ich werde ein Genie sein, ein großes Genie, weil ich mir dessen sicher bin." ("Aufzeichnungen eines werdenden Genies. Tagebücher 1919-1920")

 

Und dementsprechend feiert Dalí in seiner Selbstbiographie „ Das geheime Leben des Salvador Dalí“ (1942) den Morgen seiner Geburt. „Seht! Salvador Dali ist soeben geboren worden!“ Natur und Menschen werden evoziert: „Laßt alle Glocken läuten“, das Mittelmeer liegt still, die Bauern des Empordà, die Fischer vom Cap Creus, Narciso Monturiol, der berühmte Sohn von Figueres und Erfinder des ersten U-Boots sollen innehalten und herschauen. Und nicht nur das, auch die Historie wird bemüht: „An Morgen wie diesem müssen die Griechen und Phönizier in den Buchten von Rosas und Ampurias gelandet sein, um das Bett der Zivilisation zu richten und die .. Laken meiner Geburt vorzubereiten …“.

 

Von dieser Apotheose eines Genies wurde bei der Geburt von den bedauernswerten Angerufenen  („Oh Ihr Unglücklichen!“) allerdings nichts bemerkt. „Und Ihr alle, seht Ihr auch nichts?“

 

Dalí kehrt zur Realität zurück und konstatiert: „In einem Haus in der Calle de Monturiol wird ein neugeborenens Baby aufmerksam und mit grenzenloser Liebe von seinen Eltern beobachtet und verursacht eine leichte, ungewohnte Unruhe im Haus.“

 

Aber eigentlich beginnt Dalís Dasein schon vor seinem Eintreten in das Tageslicht. Er will das Buch über sein „Geheimes Leben“ mit dem „wirklichen, authentischen Anfang“ beginnen, seinen vorgeburtlichen „intrauterinen“ Erinnerungen, die ihm – so behauptet er - wie „als sei es gestern“ vor Augen stehen. Er bringt sie mit dem „Paradies“ in Verbindung und die Geburt mit dem „verlorenen Paradies“, in das wir immer wieder zurückfinden wollen. Das Paradies repräsentiert sich ihm in Lichteffekten, Farben und zwei leuchtenden, freischwebenden Spiegeleiern ohne Pfanne. Die Augen, mit denen er das lustvoll aufnimmt, sieht er als  das Zentrum seiner pränatalen Gestalt, einer amorphen Masse.

 

Wer Dalí kennt, wird manches von ihm und seiner Formen- und Bilderwelt in diesen „Erinnerungen“ wiederfinden, so das Ei und  amorphe Figuren..

Die frühe Kindheit Dalís – ein verwöhntes Kind mit Allmachtsphantasien

Links: Salvador Dalí Domènech, ca. 1911. Rechts: die Schwester Anna María im Erwachsenenalter. Quelle: siehe oben - Casa Natal Dalí

Um zu seiner Geburt zurückzukehren: Dalí ist ein verwöhntes Kind, das  - nach seiner Aussage – alles tun durfte, was es wollte, auch bis ins Alter von acht Jahren ins Bett zu nässen, angeblich, weil es ihm Spass machte. „Ich war der absolute Herrscher des Hauses“ – behauptete er. Nur die Küche durfte Dalí nicht betreten, vor der er oft in einer am Dreikönigstag geschenkten Königstracht voller Wut stand und die darin hantierenden Frauen beobachtete. Trotzdem – oder vielleicht deswegen - wollte er im Alter von sechs Jahren „Köchin“ werden. Dieser Wunsch wurde allerdings bald durch den ersetzt Napoleon zu sein. Dazu wurde er durch ein kleines Napoleon-Bildnis auf einer Tee-Dose angeregt, das er bei der über den Dalis wohnenden Familie sah.

 

In der „Galerie“, in der die Familie Besuch empfing, kratzte der kleine Salvador seine ersten Zeichnungen mit Messer, Gabel und roter Farbe auf einen kleinen Tisch – so erinnert sich seine Schwester Anna María in ihrem Buch „Salvador Dali gesehen von seiner Schwester Ana Maria Dali“. Zunächst litt Dalí unter der Geburt seiner vier Jahre jüngeren Schwester, mit der er nun die Liebe seiner Eltern teilen musste. Dann wurde sie aber sein Modell und seine Vertraute – bis Gala in sein Leben eintrat, was zum Bruch mit der Schwester, aber auch mit dem Vater beitrug.

 

Zunehmend zog sich der Junge von der Familie und der Umwelt zurück, wobei ihm ein Dachzimmer, das „Waschzimmer“, Zuflucht bot. Dort lebte er sein Eigenleben, fühlte sich als „Weltenherscher“ und malte Bildchen auf Hutschachteln. Von hier „oben“ konnte er unbehelligt von der ordinären Realität auf das triviale Gewimmel der Menschen dort „unten“ herabblicken. Freundschaften mit einem Gassenjungen, in den er verliebt war, und mit einem Mädchen, das den Typ Gala vorwegnahm, scheiterten an seinen bizarren Vorstellungen und Handlungen.

Schulzeit – ein schwieriger Schüler

Oben: ein rekonstruiertes Schulzimmer im Geburtshaus. Rechts: der Lehrer Esteve Trayter Colomer. Quelle: Casa Natal Dalí. Unten: Instituto (Gymnasium) Ramon Muntaner in Figueres.

Das Schulzimmer erinnert an die Schulzeit Dalís. Sein Vater musste ihn „mit Gewalt“ in die staatliche Grundschule schleppen, die nur „Arme“ besuchten. Der „freigeistige“ Vater wollte sein Kind zunächst nicht in eine private kirchliche Schule schicken, wie es bei den wohlhabenden Bürgern üblich war. In dieser Schule unterrichtete ein Lehrer die Kinder, der - wie man´s nimmt - ein Sonderling oder ein Original war, Señor Trayter. Dali wusste seine Eigenarten zu nutzen und der Lehrer mochte ihn. Er führte ihn in seine Kunstsammelleidenschaft ein. Den Unterricht verbrachte Dalí mehr träumend und in seine Phantasien vertieft als lernend, wobei der nach Fröbel unterrichtende Lehrer darüber hinwegsah. Für den Vater hatten Lehrer und Kind versagt.

 

Er schickte ihn auf dann doch auf eine kirchliche Schule. Sie wurde von dem Schulorden der "Marinisten" betrieben. Sie sollte den Sohn auf das "Institut", das Gymnasium, vorbereiten. Die „Geistesabwesenheit“ des Jungen setzte sich aber zur Verzweiflung der Fratres und der Eltern fort. Schließlich war sein Verbleib in der Einrichtung nicht mehr haltbar. Der von Mitschülern gequälte und widerborstige Schüler wurde der Schule verwiesen. Seinerseits ließ dieser allerdings bei Spaziergängen seinen aggressiv-sadistischen Neigungen an wehrlosen und überraschten Opfern freien Lauf.

 

Auch in dem weiterführenden „Institut“ Ramon Muntaner in Figueres, das er dann besuchte, war er dank seiner „trotzigen Exzentrität“ und seiner oppositionellen Haltung ein Außenseiter. Dalís Mutter bemerkte über dieses geradezu zwanghafte Verhalten, das er schon als Kind an den Tag legte : „Er muss immer das Gegenteil von dem tun, was alle anderen tun .“ Wie bisher zeigte er kein Interesse an den schulischen Lernstoffen und seine Zeugnisse bereiteten den Eltern nach wie vor Sorgen.

Ein Talent wird entdeckt

 

Außerhalb der Schule verbrachte er Zeiten in der mit den Dalis befreundeten Künstler- und Intellektuellenfamilie Pixot, in Cadaqués und in deren Anwesen „El Mulí de la Torre“ (Mühlenturm), etwas außerhalb von Figueres gelegen (man sieht das Anwesen - heute Hotel - auf der N-6 von Figueres Richtung Girona kommend rechts liegen). Von Ramon Pixots Bildern angeregt, entdeckte der 10-jährige die impresssionistische Malweise, der er sich anschloss. Er ging aber auch weiter seinen absonderlichen erotischen Phantasien nach, die schon früh begonnen hatten.

 

Die Pixots erkannten sein Talent, und empfahlen dem Vater, dem Jungen eine malerische  Ausbildung zukommen zu lassen. Dies geschah in der städtischen Zeichenschule, die der 13-jährige in Abendkursen besuchte. Der Direktor war Juan Núñez, der Dalí auch am Institut Ramon Muntaner unterrichtete. Núñez, der sofort Dalís Begabung erkannte, vermittelte ihm eine gründliche  Ausbildung im Zeichnen und Gravieren.  Er riet dem Vater, den Sohn Kunst studieren zu lassen. Der Vater unterstützte zwar die  malerische Betätigung seines Sohnes, war aber der Auffassung, „dass die Kunst kein Mittel sein sollte, seinen Lebensunterhalt zu verdienen“. Er wollte erst eine Entscheidung fällen, wenn der Sohn sein Bakkalaureat gemacht hätte.

 

Dem aber war die Schule gleichgültig, er wollte seine Art zu leben durchsetzen, seine Leidenschaft galt dem Zeichnen und der Malerei, er kommentierte in Schulkladden politische Ereignisse, schloss sich 1918 einer marxistisch-anarchistischen Gruppe an, betrieb philosophische Studien, befriedigte sich selbst und lief seinem chimärischen Frauenbild nach, aber konkreten Mädchen davon. Trotzdem schaffte er es, das „Bachillerato“ (das spanische Abitur) an dem renomierten humanistischen Gymnasium in Figueres zu bestehen, wenn auch nur knapp.

 

Oben: Molí de la Torre (heute Hotel). Unten links: der Maler Ramon Pixot, gemalt 2012 von Ramon Casas / MNAC Barcelona - wikimedia.org. Mitte: Der Zeichenlehrer Dalís Juan Núñez Fernández. Quelle: Casa Natal Dalí. Rechts: Ehrenurkunde für Salvador Dalí, ausgestellt von Núñez und dem Bürgermeister, 1.06.1917. Quelle: hier klicken

Studium an der Kunsthochschule in Madrid – Unzufriedenheit und Rebellion

Real Academia de Bellas Artes de San Fernandoin Madrid in Madrid (heute Gemäldemuseum) - wikipedias.org/Carlos Delgado

Dalí war von seinem Wunsch, sein Leben der Malerei zu widmen, nicht abzubringen. Nach einem ersten Ausstellungserfolg in Barcelona fand der Vater einen Kompromiss. Sein Sohn durfte Kunst studieren, aber mit dem Ziel Kunstlehrer am Gymnasium zu werden. 2022 reiste der 18-jährige Dalí in Begleitung von Vater und Schwester nach Madrid, um die Aufnahmeprüfung an der „Academia San Fernando“ für Malerei, Bildhauerei und Graphik zu machen. Nicht gerade zur Freude seines Vaters hatte er sich ein ihm künstlerisch erscheinendes Outfit zugelegt. Natürlich gab es bei der Prüfung von dem Bewerber verursachte Komplikationen, aber der wurde dank seiner offensichtlichen Begabung trotzdem angenommen.

 

Unter seinen Mitstudenten waren Luis Buñuel, mit dem Dalí bei zwei späteren surrealistischen Filmprojekten zusammenarbeitete, und der Dichter Federico García Lorca, der mit Dalí in einer homoerotischen Frendschaft verbunden war.

 

Salvador Dalí und Federico García Lorca in Barcelona 1925. wikipedia.org
Salvador Dalí und Federico García Lorca in Barcelona 1925. wikipedia.org

Zunächst verhielt sich Dalí unerwartet konform, abgesehen von seiner den Leuten „phantastisch“ erscheinenden Kleidung und Erscheinung. Er fehlte in keiner Pflichtveranstaltung, war fleißig, hielt sich vom geselligen Leben fern und besuchte am Sonntag den Prado, um von Kunstwerken dort kubistische Skizzen zu machen. Er entdeckte den Kubismus und fertigte selber kubistische Bilder an. Er las Sigmund Freud, dessen Erforschung des Unbewussten und Traumdeutung bei Dalí auf fruchtbaren Boden fiel. (1938 kam es zur persönlichen Begegnung mit Freud in dessen Londoner Exil.)

 

Mit der Zeit war er aber mit der Ausbildung an der Akademie unzufrieden, nicht weil die Ausbildung zu konventionell war, sondern weil sie in seinen Augen zu „fortschrittlich“ und „frei“ war. Er erwartete „Schranken“, „Strenge“, „Wissenschaft“ und Einführung in handwerkliche Methoden. Tatsächlich legte der chaotische Dalí in seinen nach der Akademie-Zeit geschaffenen Bildern bei aller Phantastik der Themen großen Wert auf Detailgenauigkeit und handwerkliche Präzision.

 

Dalí geriet in eine kleine Gruppe von radikalen Mitstudenten, die den künstlerischen und literarischen Neuerungen, die Europa bewegten, aufgeschlossen waren. Sie bewunderten Dalis kubistische Bilder und seine bizarren Einfälle. Er hatte bald eine führende Stellung in dieser Gruppe inne. Außerdem nahm er wieder einen exzentrischen, diesmal dandyhaften Lebensstil auf.

 

Als es bei der Bewerbung eines neuen Professors einen Tumult gab, sah man in Dalí den Anstifter und schloss ihn für ein Jahr aus der Akademie aus. Dalí kehrte nach Figueres zurück und wurde dort wegen des Verdachts revolutionärer Umtriebe festgenommen. Er verbrachte einen Monat in Haft auf der Festung San Ferran über Figueres und in Girona; dann wurde er freigelassen, da man die Anklage fallen ließ. (Übrigens leistete Dalí 1927 auch seinen Militärdienst auf der Festung ab.)

 

Eingang zur Festung San Ferran über Figueres
Eingang zur Festung San Ferran über Figueres

Nach einer arbeitsamen Zwischenphase in Cadaqués kehrte Dali in die Akademie zurück. Bei der Prüfung in Kunstgeschichte erklärte der gut vorbereitete Kandidat die prüfenden Professoren für inkompetent, er sei intelligenter und beherrsche das Thema besser als sie. Dies hatte zur Folge, dass er auf königlichen Erlass wegen ungebührlichen Verhaltens endgültig von der Akademie ausgeschlossen wurde. Der Traum des Vaters vom beamteten Kunsterzieher war aus, dafür aber der Weg seines Sohnes zum persönlichen Stil und Genre, in die internationale Kunstszene und zu einem der erfolgreichsten Maler des 20. Jahrhunderts offen.

 

Wege und Facetten eines Genies

 

Die weiteren Lebenswege und künstlerische Entwicklung Dalís, die Begegnung mit für ihn wichtigen Personen, stelle ich nicht mehr dar. Immer wieder öffnen sich beim Gang durch das Haus-Museum Türen, die in Räume führen, die dies in Projektionen, Hologrammen und Tönen zeigen.

 

Das Symbol für die vielen Facetten und Gesichter Dalís ist eine Hologramm-Kugel, bedeckt mit Bildern und Fotographien von ihm aus verschiedenen Lebens- und Kunstphasen.

 

Bildergalerie: Aufnahmen im Geburtshaus Dalí

Am Ende der Führung gelangt man in einen Raum, in dem der Besucher in Projektionen riesiger wechselnder Bilder von Dali und Fotographien der für ihn so wichtigen Landschaft des Alt Empordà und des Cap Creus eintaucht. Durch Spiegel verstärkt meint man, inmitten eines Kaleidoskops oder Vexierbilds von Dalís Bild- und Realwelt zu stehen. Beeindruckend! [Oben links: Die Projektion von Dalís impressionistischen "Selbstbildnis mit Raffaels Hals" vor Port Lligat (1920/21).]

Man sollte nicht versäumen, die Dachterrasse zu besteigen und einen Blick über die Dächer von Figueres und in die Strassen hinab zu werfen. Dabei kann man sich erinnern, wie der das Kind Dalí diesen Blick empfand.

 

„Es gibt keinen Surrealismus. Der Surrealismus, das bin ich! (Salvador Dalí, Journal d’un Génie, p. 33-34.) – Nach dem Besuch seines Geburtshauses mit seinen manchmal auch surreal anmutenden Einrichtungen möchte man dieser monomanischen Behauptung Dalís Recht geben.

 

Mit einem Kinderbild Dalís verabschiedet, blicken wir auf ein mit modernsten Mitteln, kreativ und perfekt gestaltes  „Museums“-Erlebnis zurück.

 

Die Zitate sind entnommen aus:

Salvador Dali, Das Geheime Leben des Salvador Dali, Übersetzung und Nachwort von Ralf Schiebler, Schirmer/Mosel, München, ³1990

Salvador Dalí, Aufzeichnungen eines werdenden Genies. Tagebücher 1919-1920, Deutsche Übersetzung,TB, Schirmer/Mosel, 2004

Salvador Dalí, Journal d’un Génie, La Table Ronde, Paris, 1964

Bilder:

https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Salvador_Dal%C3%AD?uselang=de

Website Casa Natal: https://www.casanataldali.cat/en/visit-us/

 

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