Ein Gang durch die 16. Ruta de l´Art in Castelló d´Empúries (15. Okt. 2023) - und ein Blick in ein altes Haus in der Grafenstadt

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Diesen "Kulturspaziergang" unternahmen wir zu zweit - Dagmar und ich. Zuerst einmal frühstückten wir ausgiebig auf der Dachterrasse des Hotels Duran (preiswert und sehr empfehlenswert!). Von dort oben hat man eine wunderbare Rundumaussicht über die Dächer der ehemaligen Grafenstadt, auf die  eindrucksvolle Basilika Santa Maria, die "Kathedrale des Empordà", die umliegende Landschaften, die sie umgebenen Bergketten und die Bucht von Roses.

Dann begannen wir unseren Rundgang zu den Ausstellungsorten. Die Route führte uns durch die wichtigsten Teile der alten Stadt, mit ihrem mittelalterlichen Eindruck. Wieder einmal gab es dabei Einblicke in Häuser und Gebäude, die sonst nicht geöffnet sind. Dabei entfalten manche Werke im Zusammenhang mit alten Gemäuern einen besonderen Reiz

Zuerst gingen wir in den Rathauskomplex, ehemals Grafenpalast, dann Dominikanerkloster. In der sonst geschlossenen Kirche war ein Kunstmarkt mit vielseitigen Angeboten aufgebaut. Neu war mir, dass der ehemaligen Kirchenraum zum Veranstaltungsaal mit Emporen und Bühne umgestaltet wurde.

Im von Säulengalerien umgebenen Innenhof, früher Kreuzgang der Mönche,  stand eine nackte Frauenfigur mit üppigen Formen, die wohl kaum die Billigung der strengen Dominikaner gefunden hätte

 

Im oberen Geschoß des Rathauses, im Gang, der zum "gotischen Saal" - dem heutigen Ratssaal - führte, waren wieder eine Vielzahl von Bildern und Skulturen zu sehen. Teilweise waren die Künstler bei ihren Werken zu finden, meist in angeregten Gesprächen mit Besuchern vertieft.

Wie die kleine Auswahl zeigt, sind Stile, Themen und künstlerische Qualität der Werke sehr unterschiedlich. Das gilt für die gesamte Ausstellung. Wir haben uns auf unserem Gang von den Werken anziehen lassen, die uns ansprachen. Manchmal waren es Bilder oder Skulpturen, die nicht unbedingt große Kunst waren, aber originell oder sogar nur putzig. Dementsprechend ist meine Bildauswahl. Die Namen der Künstler - wohl fast alles Spanier/ Katalanen aus der Umgebung - füge ich nicht bei, da sie mir zum großen Teil unbekannt waren.

Weiter ging´s zum Früheren Augustinerkloser. Die Kirche - sonst meist verschlossen - war ein passendes Ambiente für Bilder und Plastiken.

Auf dem weiteren Weg durch die untere Stadt begegnete uns ein älterer Herr, den ich freundlich grüßte. Wir trafen ihn dann wieder, als er gerade dabei war, die Tür eines alten Hauses aufzuschließen. Er lud uns ein, sein Haus zu besichtigen. Das war ein besonderes Erlebnis und eine eigene, private Kunstroute., die uns angeboten wurde.

Es ist erstaunlich, was sich oft hinter der meist abweisend erscheinenden Fassade alter katalanischer Häuser verbirgt: Innenhöfe, Treppenhäuser, Galerien, Räume mit antiker Innenausstattung und stilvollem Dekor, Gärten ... Manche wohlhabenden Katalanen sind Sammler: Kunst, historische Gegenstände, alte Technik, alles mögliche ... ihre Häuser sind regelrechte Museen. Und wenn man Glück hat - das ist uns schon öfter passiert - öffnen sie interessierten Besuchern die Türen.

 

Señor M. ist Geschäftsmann, Baumeister. Er hat - wie er stolz berichtete - das alte Haus seiner Vorfahren - mit langer Geschichte - aus dem 16. Jahrhundert mit eigenen Händen renoviert und eingerichtet. Auf mehreren Stockwerken brachte  er seine reiche Sammlung unterschiedlicher Dinge  unter, mittelalterliches, neuzeitliches, überwiegend katalanischer Provinienz oder aus Castelló stammend. Eine Auswahl zeigt meine Bildergalerie. Señor M. wohnt selbst nicht in diesem Haus, aber es ist durchaus wohnlich eingerichtet, für seine Enkel und einen ausländischen Dauergast, wie er sagte. Wir fanden vieles bemerkenswert, unter anderem eine alte Wandzeichnung, die eine Silhuette von Amsterdam zeigt, Zeugnis der weitreicheden Handelsbeziehungen, die die Seefahrerstadt Castelló d´Empúries unterhielt.

Wir drückten unsere Bewunderung für die Sammlung und die Aktivität des 80-jährigen aus. Als er mein Alter erfuhr, blickte er mich an und sagte: "Somos jovenes!"

 

Nach diesem recht langen Intermezzo stiegen wir zur Plaça dels Homes hinauf und nahmen einen Kaffee zu uns. Im Fremdenverkehrsbüro, dem früheren Versammlungshaus der "vornehmen Männer", empfingen uns Drachengestalten. Sie erinnern an Erzählungen, die von Drachen berichten, die im nahen Sumpfgebiet der Aiguamolls gehaust haben sollen. Aber noch mehr an Sant Jordi (Georg), den Drachentöter, der Nationalheiliger Kataloniens ist. Aber auf vielen mittelalterlichen Bildern ist auch die Tötung des Drachens durch den Erzengel Michael dargestellt, so auf einem Altaretabel aus dem nicht weit entfernten Kloster Sant Miquel de Cruïlles (heute im Kunstmuseum von Girona).

 

 

Nicht überall auf unserem Weg traten wir ein. So nicht in die Kirche, die uns hinreichend bekannt ist. Hinter Ihr befanden sich aber einige interessante Figuren, die sich in ihrer abstrakt-symbolischen Gestaltung passend in die Umgebung einfügten.

Von der Kirche wanderten wir hinab zum Palau Macelli, jetzt ein elegantes Hotel. Im überdachten Eingang zu den Gärten saß eine nicht mehr ganz junge, aber durchaus attraktive Künstlerin, umgeben von ihren Schöpfungen, bunt eingewickelten und blicklosen Männern. Nicht uninteressant und gibt zu denken! Die Künstlerin freute sich, als ich ihr sagte, dass ich ihre Werke interessant und originell fände. Im Garten überblickte ein Gärtner das Areal. Auf den zweiten Blick merkte man, dass er eine Kunstfigur war.

Im ehemaligen Klarissinnen-Kloster Santa Clara gab es viel zu sehen. Am besten gefiel uns eine Video-Installation. Im einem verdunkelten Saaal befand sich ein (nicht sichtbares) Gestell, in dessen Mitte sich ein großes leuchtendes Rund befand (stellte es die Sonne dar, oder ein Auge?) , in dem die Farben ständig wechselten. Dazu erklang meditative Musik. Leider ist mir ein Video dazu nicht gelugen. Auch hier freute sich die Künstlerin sehr, als ich ihr ein Kompliment über die Installation machte.

Vor dem modernen Bibliotheksgebäude faszinierten uns die Metallfiguren von Josep Maria Viaplana.

Auch im Mehl-/Mühlenmuseum gab es viel und Unterschiedliches zu betrachten. Einige kleine Figuren gleich im Eingangsbereich fanden wir drollig. Das kleine Krokodil und der Koala weckten Erinnerungen an unsere Australienreisen. Es gab aber auch Ernsthafteres.

Zum Schluss unseres Kunstspaziergangs warfen wir einen Blick in den Eingangsbereich des Hauses Sanllehí und endeten am alten Waschhaus, das passend drapiert war.

Wir haben nur einen Teil der Route begangen und nur einen Teil der ausgestellten Werke gesehen und noch weniger hier vorgestellt.   Wer sich umfassender informieren will, kann sich den Katalog ansehen, der im Internet zugänglich ist.